Viktor Szilagyi kündigt Dauerkarten-Verkauf an: "Wir stehen bei unseren Fans im Wort"
Vor 187 Tagen hat der THW Kiel sein erstes "Geisterspiel" ohne Zuschauer bestritten. Seitdem spielt auch der Handball-Rekordmeister vor leeren Rängen. ZEBRA sprach mit THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi über die vergangenen Monate und eine Perspektive für die Zukunft.
8650 Zuschauer bei den Heimspielen statt über 200.000
Emotionslose Gegenwart: Spitzensport vor Papp-Fans und leeren Rängen
Herr Szilagyi, haben Sie vor 187 Tagen damit gerechnet, dass diese Phase ohne Zuschauer so lang werden würde?
Viktor Szilagyi: Nein. Das war damals nicht absehbar. Es ging im November um einen begrenzten „Lockdown light“, den wir natürlich unterstützt haben. Dass wir aber über einen solch extrem langen Zeitraum vor leeren Rängen spielen müssen, war nicht vorhersehbar.
Was macht das mit einem Club wie dem THW Kiel?
Eine Menge. Zum einen emotional. Wir spielen schließlich vor allem für unsere Fans, wollen sie mit unserem Sport unterhalten, sie begeistern. Wir alle vermissen unsere Fans mit jedem Spiel mehr - das merkt man auch an den Reaktionen der Spieler, die längst nicht mehr so ausgelassen auf Erfolgserlebnisse reagieren wie in einer gefüllten Arena. Denn es ist für unsere Spieler doch die schönste Belohnung, nach einer gelungenen Aktion gefeiert zu werden. All das wünschen wir uns zurück. Mit der Unterstützung unserer Fans haben wir zu Hause schon viele Spiele drehen können. Auch jetzt würde die Hilfe von den Rängen vieles in einer sehr anstrengenden und fordernden Saison wie dieser einfacher machen.
Und finanziell?
Der Handball lebt auch wirtschaftlich von seinen Fans. Wir haben bis zur Pandemie rund 40 Prozent unseres Gesamtetats aus Zuschauereinnahmen bestritten, das waren in etwa fünf Millionen Euro. Vor Corona hatten wir pro Saison regelmäßig insgesamt weit über 200.000 Zuschauer bei unseren Heimspielen. In dieser Spielzeit waren es bis zum "Lockdown light" insgesamt 8650. Seit Anfang November haben wir 17 Partien ganz ohne Fans in unserer Arena bestreiten müssen…
Rückkehr von Zuschauern? "Unser System hat sich bewährt"
Diszipliniert, mit großem Abstand und Maske verfolgten die Fans die Heimspiele bis Ende Oktober
Haben Sie die Hoffnung, dass noch in dieser Saison einige Spiele vor Zuschauern stattfinden können?
Ja, diese Hoffnung können und wollen wir nicht aufgeben, auch wenn dafür die Gesamt-Entwicklung passen muss. Wenn die Pandemie-Situation es zulässt, wären wir bereit. Wir haben mittlerweile noch mehr Erfahrungen im Umgang mit der Pandemie gesammelt, die Menschen wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Zudem steigt die Zahl der vollständig Geimpften, die sich alle nach einem Stück mehr Normalität sehnen, mit jedem Tag. Wir haben viel in Hygiene- und Umbaumaßnahmen in der Halle investiert und ein funktionierendes Konzept, für das wir sehr viel Lob und positive Rückmeldungen von den Zuschauern, von Hygiene-Fachleuten und aus der Politik erhalten haben. Unsere Zuschauer haben bereits unter Beweis gestellt, dass sie sich sehr diszipliniert an die Regeln halten. Unser System hat sich bewährt. Nun würden wir, unsere Mannschaft und unsere Fans uns über eine Perspektive freuen, wann sich die Arenen wieder öffnen könnten. Und wenn das nur Erfahrungswerte für die kommende Saison liefert.
"Der Wille zur Impfung ist - auch bei unseren Fans - groß"
Wie könnte diese Perspektive im Hinblick auf die kommende Saison aussehen?
Wir gehen davon aus, dass spätestens im Sommer - wie von der Politik in Aussicht gestellt - wirklich jeder ein Impf-Angebot erhalten hat. Der Wille zur Impfung ist - auch bei unseren Fans - groß, weil diese der Schlüssel zur Rückkehr in die Normalität sein kann. Und das ist das, was wir uns - glaube ich - alle wünschen. Mit dem EU-weiten Impf-Nachweis ist eine Impfung auch einfach und schnell nachweisbar. Zusammen mit den Genesenen, Getesteten sowie der Maske, die uns wohl noch eine Zeit lang zusätzlichen Schutz geben wird, können wir dann auch wieder die Arenen füllen. Eine Registrierung der Fans für die Kontaktnachverfolgung ist durch unseren hohen Anteil an Dauerkarteninhabern deutlich einfacher.
Dauerkarten-Verkauf für Stammblatt-Inhaber startet Ende Mai
So feierten die Handball-Fans vor der Pandemie - und so soll es wieder werden!
Heißt das, der THW Kiel plant die Rückkehr zur Normalität?
Wenn Sie es so ausdrücken wollen, ja. Wir werden im Mai mit dem Bundesliga-Dauerkarten-Verkauf für die kommende Saison starten – zunächst einmal mit den Sitzplätzen. Im vergangenen Jahr hatten wir diesen komplett ausgesetzt. Das hat sich als richtig erwiesen. Genauso richtig ist es jetzt, angesichts des Fortschritts beim Impfen und den in dieser Zeit gemachten Erfahrungen den Blick nach vorn auf den September zu richten. Das ist auch ein Signal an die vielen Handball-Fans: Wir sind bereit, gemeinsam mit ihnen wieder Freude möglich zu machen.
Ist das nicht zu optimistisch gedacht?
Wir stehen bei unseren Fans im Wort und haben uns viele Gedanken gemacht, wie dieser Plan in die Tat umzusetzen ist. Wir werden beispielsweise unseren Stammblatt-Inhabern, die über die Details zeitnah schriftlich informiert werden, erstmals eine völlig kontaktlose Möglichkeit anbieten, die Dauerkarte zu erhalten. Und wir werden alles dafür tun, dass wir im September wieder ein gemeinsames Erlebnis Handball in der Arena ermöglichen können.
Das hat bestimmt auch mit weiteren Investitionen zu tun, oder?
Ja, das wird sich aber nicht im Dauerkarten-Preis niederschlagen. Wir haben als THW Kiel beschlossen, die Dauerkarten zum „Vor-Corona-Preis“ anzubieten. Die Tickets für unsere treuen Fans werden also trotz aller zusätzlichen Kosten, die wir als Club stemmen müssen, nicht teurer werden. Bei allen Gesprächen spürt man jetzt eine gewisse Aufbruchstimmung: Die Vorfreude auf das Live-Erlebnis Handball und die Nachfrage nach Dauerkarten sind bei unseren Fans jetzt schon riesig.