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KN: Mit Ach und Krach

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KN: Mit Ach und Krach

Kiel. Vardar Skopje, FC Barcelona, Eulen Ludwigshafen - nach ihrem Super-Globe-Trip nach Saudi-Arabien sind die Handballer des THW Kiel gestern wieder in der Bundesliga-Realität gelandet. Lange sah es aus, als könnte es eine Bruchlandung werden. Einer Steigerung in der zweiten Halbzeit verdankten die Zebras ihren 30:27 (15:14)-Sieg über die Eulen Ludwigshafen.

Müder THW Kiel braucht für 30:27-Sieg über die Eulen Ludwigshafen langen Anlauf

Es war nicht die spielerische Leistung des THW Kiel, die die Zebra-Fans am Ende des Handball-Abends aus ihren Sitzen lockte. Ihr Jubel galt vor allem Marko Vujin. Verspäteter Abschied für den Serben, der sieben Jahre lang das THW-Trikot trug, Bundesliga-Torschützenkönig wurde und 340 Spiele in Serie für den Rekordmeister absolvierte, bis ihn in der vergangenen Saison eine schwere Krankheit stoppte. Als er nach dem Spiel auf dem Feld stand, sagte er: "Ich habe das Leben von der anderen Seite kennengelernt. Eigentlich wollte ich den THW im Trikot verlassen. Aber jetzt bin ich gesund - und das ist das Wichtigste."  Er sei stolz, jahrelang für den THW gespielt zu haben. "Die Liebe und die familiäre Stimmung hier werde ich nie vergessen." "Marko, Marko"-Sprechchöre von den Rängen, Umarmungen von Fans und Mannschaftskollegen, noch mehr Jubel, als in die rührenden Abschiedsszenen die Nachricht vom 27:27-Unentschieden der SG Flensburg-Handewitt in Wetzlar platzte. Um 20.45 Uhr war die THW-Welt in Ordnung.

Um 19.30 Uhr war sie es noch nicht. Mit 10:11 (25.) lagen die Kieler zurück gegen die Eulen, die den Klassenerhalt im Vorjahr mit einem Last-Minute-Sieg gegen Minden und nur dank eines um einen Treffer besseren Torverhältnisses als Gummersbach geschafft hatten. Ihr Kämpferherz schlug gestern in ruhigem Takt. Systematisch langsam ließen sie den Ball laufen, während die Zebras zwei Tage nach ihrer Rückkehr vom Super Globe in Saudi-Arabien im deutlich kühleren Norddeutschland wie schockgefrostet wirkten. "Ich hatte schon mal frischere Beine und einen frischeren Kopf", gab Harald Reinkind zu.

Bis zum 3:1 (5.) lief für die Kieler alles nach Plan, danach fast nichts mehr: Rune Dahmke scheiterte vor den Augen von Bundestrainer Christian Prokop per Gegenstoß an Eulen-Keeper Stefan Hanemann - der Auftakt für einen Fehlerreigen, wie die Sparkassen-Arena ihn lange nicht mehr gesehen hatte. Fehlpässe, technische Fehler, Missverständnisse: Dahmke am leeren Tor vorbei, Domagoj Duvnjak weit drüber, Niclas Ekberg scheiterte von der Siebenmeterlinie an Martin Tomovski - verzweifeltes Seufzen auf den Rängen. THW-Trainer Filip Jicha versuchte seinem hölzernen Angriff mit Miha Zarabec als Regisseur einen neuen Impuls zu geben - vergeblich.

So nutzten die Eulen, die auf eine offensive und harte Abwehr setzten, die Gelegenheit, beim 11:10 (25.) in Führung zu gehen. Eine Landin-Parade und ein glückliches Rückhand-Tor von Dahmke aus eigentlich aussichtsloser Position brachten den THW wieder so weit in die Spur, dass es für eine 15:14-Pausenführung reichte. Einen Ballverlust und eine Doppelparade von Stefan Hanemann gegen Reinkind und Niclas Ekberg später waren die Eulen wieder in Front. Patrick Wiencek versuchte, die Fans aufzupeitschen, doch als Magnus Landin den dritten THW-Siebenmeter verwarf (40./18:19), schallten erste Pfiffe von den Rängen. Die Mehrheit der Fans konterte sie mit lautstarken "THW"-Sprechchören. Allmählich griff nun die neu formierte 3:2:1-Abwehr mit Domagoj Duvnjak an der Spitze. Der Kroate sorgte für Ballgewinne in der Abwehr und trug eine große Mitschuld daran, dass den Gästen sieben Minuten lang kein Treffer gelang. Die Kieler konterten sich auf 24:20 (48.) davon - die Vorentscheidung. Aufatmen auf den Rängen, Durchatmen bei den Spielern. Drei Tage bleiben ihnen, um sich auf das Spitzenspiel beim SC Magdeburg am Sonnabend vorzubereiten. "Wir werden jetzt trainieren und die Müdigkeit abschütteln", sagte Steffen Weinhold.

 (Von Mele Schaack und Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 04.09.2019, Foto: Sascha Klahn