KN: Bereit fürs Handball-Superjahr 2020
Halle/Westfalen. Stammtorhüter, Regisseure, Linkshänder und ein Basketballstar in Rente. Handball-Bundestrainer Christian Prokop gehen die Themen auch nach der vorzeitig geglückten Qualifikation für die Europameisterschaft 2020 nicht aus. Nach dem 29:24 in Halle/Westfalen gegen Polen vermittelte der 40-Jährige eine Ahnung von dem Weg, auf dem die deutsche Nationalmannschaft ins Handball-Superjahr 2020 gehen soll.
Deutschland gewinnt mit 29:24 gegen Polen und qualifiziert sich vorzeitig für die Europameisterschaft 2020
Die Vorrunde im norwegischen Trondheim, die Hauptrunde in Wien, die Finalrunde - wenn die Deutschen so weit kommen - in Stockholm. Über Reiseplanungen indes macht sich Prokop keine Gedanken, überlässt das seinem Arbeitgeber, sagt nur: "Hoffentlich spielen wir eine gute Vorrunde in Norwegen und können dann viele deutsche Fans in Österreich im Skiurlaub begrüßen." Die EM im Januar bildet den Anfang eines fulminanten Handball-Jahres mit den Olympischen Spielen in Tokio als Höhepunkt. Auch hier soll die Qualifikation (voraussichtlich im April 2020) glücken. Das Spiel in Halle gegen mittelmäßige Polen offenbarte, dass in einzelnen Bereichen noch viel Arbeit auf Prokop wartet.
Prunkstück ist und bleibt die Abwehr mit den Kielern Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek im Zentrum. Im Angriff lässt es die Mannschaft des Deutschen Handballbundes (DHB) zuweilen nicht an Kreativität, aber an Durchschlagskraft vermissen, auch weil seit der Verletzung des Melsungers Julius Kühn ein echter Shooter fehlt. "Ich hoffe, dass er bald zurück ist", sagt Pekeler. Erst einmal dürfen sich die arrivierten Nationalspieler Pekeler, Wiencek, Gensheimer und Co. auf einen "Sonderurlaub" im Juni freuen. Prokop hat bereits angekündigt, in den verbleibenden, bedeutungslosen Qualifikationsspielen gegen Israel und den Kosovo am 12. und 16. Juni der zweiten Reihe und dem Nachwuchs eine Chance geben zu wollen. "Das ist eine gute Gelegenheit, Spieler auf Wettkampf-Niveau zu testen. Gleichzeitig tut uns Stammspielern vor einem Jahr mit EM und Olympia jeder freie Tag gut", sagt Pekeler. Prokop schränkt zumindest etwas ein: "Das Ausmaß, in dem ich Spieler schonen werde, kann ich noch nicht benennen. Es ist ein Spagat zwischen weniger Zeit gemeinsam und wohlverdientem Urlaub für die Spieler. Wir werden junge Spieler aus der Bundesliga und aus dem Juniorenbereich hochziehen."
Tim Suton ist auch so ein junger Akteur, der in Halle bereits sein Können als Spielmacher unter Beweis stellen durfte. Prokop sei "felsenfest davon überzeugt", dass der 22-Jährige "der richtige Mann für die Mitte" ist. "Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir dort auch einen Linkshänder sehen. Fabian Wiede hat ein enormes Spielverständnis und eine enorme Kreativität, Steffen Weinhold und Kai Häfner können das auch." Wiede zog in Halle die längste Zeit die Fäden in der Rückraum-Mitte. Auch mit dem verletzten Balinger Martin Strobel (Kreuz- und Innenbandriss) will sich Prokop zeitnah treffen. "Ich hoffe, dass er zurückkehrt. EM und Olympia - da muss ich ihn nicht motivieren. Aber er muss erst einmal fit werden. Aber wir haben bei der WM seine Bedeutung gesehen."
Die von DHB-Vizepräsident Bob Hanning vorgegebene Zielsetzung Gold für Olympia 2020 lässt Prokop ziemlich kalt. "Das müssen wir mit der Mannschaft intern erst einmal besprechen." Dennoch sollen die Grundlagen für die kommenden 15 Monate schon in diesem Sommer gelegt werden. Dabei sollen sich seine Spieler auch am jüngst zurückgetretenen Basketball-Superstar Dirk Nowitzki orientieren. "Das ist so ein Paradebeispiel, was er geschafft hat über zusätzliche Trainingseinheiten, über eine tolle Ernährung, über ein professionelles Sportlerleben", schwärmt Prokop. "Das sind einfach Orientierungspunkte für uns, um diese gewissen Prozentzahlen noch zu erhöhen."
Zwischen den Pfosten werden 2020 voraussichtlich der Noch-Kieler Andreas Wolff und der Noch-Berliner Silvio Heinevetter ein Duo bilden, auch wenn Prokop sagt: "Es gilt das Leistungsprinzip, und wir haben dahinter noch zwei, drei andere Torhüter in der engeren Auswahl. Andi Wolff hat erst einmal einen Vereinswechsel vor sich, und ich hoffe, dass er in Kielce gut einschlägt."
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 16.04.2019, Foto: Sascha Klahn)