KN: Handball-Hauptstadt Kiel soll bei WM 2019 leer ausgehen
Stattdessen Spiele in Hamburg, Köln und München geplant
Arena-Geschäftsführer Stefan Wolf und sein Kollege Jürgen David hatten ihren Hut für die Austragung einer Vorrundengruppe und für die Ausrichtung einer Hauptrundengruppe in den Ring geworfen. In Deutschland werden zwei Vorrundengruppen und eine Hauptrundengruppe, ein Teil des President’s Cup sowie beide Halbfinals stattfinden. Schauplatz der übrigen Partien inklusive der Spiele um Bronze und des Finales wird Dänemark sein. 13 Standorte waren beim Deutschen Handballbund (DHB) in der engeren Wahl, und offenbar haben sich die Verantwortlichen für eine regionale Verteilung und für Metropolen entschieden. So soll die deutsche Mannschaft ihre Partien in der Kölner Lanxess Arena (Kapazität: 20 000 Zuschauer) austragen. Auch die Berliner Mercedes-Benz Arena (14 500), die Barclaycard Arena in Hamburg (13 200) und die Olympia-Halle in München (12 463) bieten mehr Zuschauern Platz als die Kieler Sparkassen-Arena, in der bei den fast immer ausverkauften Spielen des THW Kiel 10 285 Fans auf den Tribünen sitzen. Thorsten Storm, Geschäftsführer des THW Kiel, bedauerte die Absage: "Das ist schade für unser handballbegeistertes Publikum. Kiel war bei Länderspielen immer eine Bank, das waren immer echte Feste. Und ich weiß nicht, ob das in München auch so sein wird." Man würde, hatte DHB-Generalsekretär Mark Schober 2016 gesagt, "neben wirtschaftlichen besonders auch technische und infrastrukturelle Kriterien ins Kalkül ziehen." Schober hatte zudem einen Einblick in die Strategie seines Verbandes gegeben: "Die Teams müssen zwischen den Spielorten, zwischen Deutschland und Dänemark, reisen. Es geht um Infrastruktur, Hotelkapazitäten an den Spielorten. Entscheidend wird aber sein: Wo ist die Nachfrage nach Handball groß? Wie verteilen wir die Standorte über das Land?" Gespielt wird nun also im mit der Sportart Handball wenig vertrauten München, aber nicht in Kiel. Vielleicht geriet der Landeshauptstadt in diesem Fall die Nähe zum Nachbarland Dänemark zum Nachteil. Hatte sich Kiel bei der WM 2007 noch als besonders attraktiv für eine Vorrundengruppe erwiesen, spielt dieser Faktor angesichts des Co-Ausrichters Dänemark nun keine Rolle mehr. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 28.06.2017, Foto: Sascha Klahn)
KN-Kommentar: Begeisterung zählt nicht
Das erste Gefühl: Empörung! Stell' Dir vor, es ist Handball-WM, und Kiel ist nicht dabei! Wie kann das sein? Es kann, so zeichnete es sich schon in den vergangenen Tagen vor der heutigen offiziellen Bekanntgabe der Standorte für die Titelkämpfe in Deutschland und Dänemark 2019 ab. Der Deutsche Handballbund (DHB) macht in seinen strategischen Überlegungen einen Bogen um Kiel und muss sich am Ende doch zumindest einen Vorwurf gefallen lassen. Denn einerseits wird niemand widersprechen, dass Berlin bei einer WM dabei sein muss. Jeder Handball-Fan weiß zudem, dass die Arenen in Köln und Hamburg - stets bewiesen bei den Final-Four-Turnieren in der Champions League und im DHB-Pokal - räumliche und infrastrukturelle Vorteile gegenüber der Sparkassen-Arena haben. Die Chefs des Kieler Kult-Tempels selbst gestehen ja ein, dass es nicht ohne erhebliche Anstrengungen möglich gewesen wäre, die (baulichen) Anforderungen des Weltverbandes IHF zu erfüllen. Aber der DHB wollte in seiner Strategie explizit auch auf Handball-Begeisterung setzen und muss sich nun die Frage gefallen lassen, warum er auf die Handball-Diaspora München setzt. In diesem Fall geriet Kiel die Nähe zu Skandinavien und zum Co-Ausrichter Dänemark, anders als bei der WM 2007, zum Nachteil. Tröstend ist jedoch: Der Weg ins Nachbarland, der Weg nach Hamburg, der Weg zu diesem Handball-Fest ist aus der Handball-Hauptstadt Kiel kein weiter. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 28.06.2017)