WM 2017: Deutschland feiert Gruppensieg
Deutschland erstmals mit Pekeler und Glandorf
Kroatien mit besserem Start
Deutschland zwölf Minuten ohne Gegentor
Doch die Bad Boys ließen sich keineswegs verunsichern: Während Wolff gegen Mandalinic seine erste Parade zeigte, drehte Häfner die Partie vorne quasi im Alleingang: Mit drei Treffern des Hannoveraners in Folge stand es nun 4:3. Kroatien tat sich - nun zunächst ohne siebten Feldspieler - sehr schwer gegen die nun sattelfeste deutsche 6:0-Deckung, Wurfversuche von Stepancic und Mandalinic wurden geblockt, Drux sorgte per Durchbruch für das 5:3. Auch von einer Zeitstrafe gegen Simon Ernst ließ sich das DHB-Team nicht stoppen: Groetzki luchste Duvnjak den Ball ab, und Wiencek erhöhte nach tollem Häfner-Anspiel auf 6:3. Zwar hakte es nun auch im deutschen Aufbauspiel, doch Kroatien konnte keinen Nutzen daraus schlagen, weil Andi Wolff seinen Kasten verbarrikadierte: Nacheinander gegen Duvnjak, Mandalinic und Stepancic war der Kieler Keeper zur Stelle. Als dann Finn Lemke ein Abspiel blockte, nutzte dies Uwe Gensheimer, um in der 16. Minute per Gegenstoß das 7:3 zu markieren.
Klare Pausenführung für die Bad Boys
Babic nahm eine Auszeit, und danach konnte Kreisläufer Kontrec nach zwölf torlosen Minuten erstmals wieder für Kroatien treffen. Das Momentum aber blieb auf deutscher Seite, dank guter Abwehrarbeit konnten Kühn pwe zweiter Welle und Pekeler per Gegenstoß auf 9:5 erhöhen. Wiencek traf nach Fäth-Pass gar zum 10:5 und provozierte damit zudem eine Zeitstrafe gegen Sebetic, und nach einem technischen Fehler Cindrics stand es in der 23. Minute bereits 11:5 für Deutschland - Babic nahm bereits seine zweite Auszeit. Diese zeigte nun immerhin Früchte: Stepancic und Kontrec im Nachwurf nach einer Wolff-Parade gegen Cindric verkürzten auf 11:7, und nach einer Auszeit Sigurdssons und einem Fehlwurf Glandorfs traf Strlek nach schnellem Duvnjak-Anspiel gar zum 11:8. Von Nervosität war beim Europameister aber weiterhin keine Spur: Fäth traf aus dem rechten Rückraum zum 12:8, und in Unterzahl nach der zweiten Zeitstrafe gegen Ernst sorgten eine Wolff-Parade gegen Stepancic und ein Wiencek-Gegenstoß wieder für eine Fünf-Tore-Führung. Bis zur Pause konnte Kroatien nur noch durch einen sehenswerten Cindric-Dreher auf 13:9 verkürzen.
Wolff wächst über sich hinaus
Kroatien verkürzt, aber Deutschland zeigt starke Antwort
Babic unterbrach den deutschen Lauf mit dem Ziehen der letzten grünen Karte. Und tatsächlich drehte sich die Partie nun wieder ein bisschen: Kroatien spielte nun wieder unaufgeregter, aber weiterhin mit siebtem Feldspieler, und robbte sich durch einen geblockten Häfner-Wurf und einem Pieczkowski-Ballverlust wieder auf 20:17 heran. Nun nahm Sigurdsson eine Auszeit und setzte ebenfalls auf sieben Feldspieler. Dies ging zunächst auf, als Gensheimer zum 21:17 in Szene gesetzt wurde. Doch nachdem Kühn im nächsten Angriff zu halbherzig abschloss und Horvat ins leere Tor auf 21:19 verkürzte, verzichtete das DHB-Team wieder auf diese Maßnahme. Es ging im Angriff nämlich auch zu sechst: Pekeler behielt nach starkem Fäth-Anspiel ebenso die Nerven wie Uwe Gensheimer vom Siebenmeterstrich - 23:20. Dann pfefferte Mamic einen Pass ins Nirgendwo, Kühn hingegen legte das 24:20 Wienceks auf. Mit seiner 15. Parade war dann Wolff gegen Kontrec zur Stelle, während Fäth viereinhalb Minuten vor Schluss für die Entscheidung sorgte. Kroatien gab sich geschlagen, beide Teams wechselten noch einmal munter durch - und Deutschland sorgte durch Pekeler, Kühn und Reichmann letztlich sogar noch für ganz klare Verhältnisse.
WM-Revanche gegen Katar am Sonntag
Statistik: Deutschland - Kroatien 28:21 (13:9)
Kroatien: Stevanovic (3 Paraden), Ivic (3 Paraden); Mihic (n.e.), Duvnjak, Stepancic (5), Gojun, Matulic, Horvat (3/1), Kontrec (4), Mandalinic (1), Strlek (5), Musa, Jotic, Mamic (2), Sebetic, Cindric (1)
Schiedsrichter: Sondors/Licis (Lettland)
Siebenmeter: 1/1:1/1
Zeitstrafen: 6:6 Minuten (2x Ernst (10., 28.), Kühn (20.) - Duvnjak (1.), Kontrec (22.), Sebetic (22.))
Spielverlauf: 1:0, 1:3 (5.), 7:3, 7:4 (17.), 9:4, 9:5, 11:5 (23.), 11:8 (26.), 13:8, 13:9; 13:10, 14:10, 14:12 (35.), 16:12, 16:13 (40.), 19:13 (45.), 19:15, 20:15, 20:17, 21:17 (50.), 21:19, 22:19, 22:20 (52.), 28:20 (60.), 28:21.
Zuschauer: 5000 (Kindarena, Rouen (FRA))
KN: Neues, altes Wir-Gefühl
Rouen. Wenige Minuten nach dem Abpfiff ist Andreas Wolff voll in seinem Element: „Das war ein Statement! Das wird jeder Gegner vernommen haben“, sagt der Kieler Torwart der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Soeben hat seine Mannschaft Angstgegner Kroatien im Kampf um den Gruppensieg mit 28:21 (13:9) von der Platte gefegt, die Kroaten besonders defensiv vor unlösbare Aufgaben gestellt. Die Belohnung für den Sieg: Eine kurze Busreise nach Paris. Im Achtelfinale wartet dort Katar. Ausgerechnet drei Kieler Kollegen werden am Freitagabend zu Protagonisten einer Abwehrschlacht auf höchstem Niveau, in der sich das Team vom Balkan anfangs wacher präsentiert (1:3/5.), deutsches Bemühen mit einer offensiven 5:1-Deckung stört. Weltklasse, Weltklasse, Welthandballer – danach verschiebt sich das Kräfteverhältnis. Andreas Wolff mit 17 Paraden und THW-Kreisläufer Patrick Wiencek – mit sechs Toren bester Schütze – werden sich in der Folgezeit das Prädikat Weltklasse verdienen. Kroatiens Kieler Kapitän Domagoj Duvnjak nimmt sich nach einer Viertelstunde selbst aus dem Spiel und zeigt sich nach dem Spiel als wahrer Welthandballer: „Ich war einfach schlecht.“ Am Anfang trifft viermal Kai Häfner und Kroatien plötzlich bis zum 7:3 (16.) gar nicht mehr. Dem EM-Dritten gegen offensiv die Lösungen aus. Und auch wenn es für die Deutschen „gar nicht so einfach“ ist, „die Bälle an der offensiven Deckung vorbei zu bekommen“ (Patrick Groetzki), nimmt der Express zusehends Fahrt auf, wächst plötzlich das irgendwie vermisste Wir-Gefühl. Nach 18 Minuten kommt der reaktivierte Hendrik Pekeler aufs Feld, verstärkt den Mittelblock, in dem der Magdeburger Finn Lemke wie ein Marktschreier den Anpeitscher gibt. Luka Cindric und Luka Sebetic im kroatischen Rückraum prallen an dieser deutschen Mauer einfach ab. Wenig später greift auch Holger Glandorf erstmals ein – glücklos, aber da ist ja noch der große böse Wolff im Tor, der den Gegner jetzt schon entnervt. Patrick Wiencek bestraft einen weiteren Duvnjak-Fehler („Wir waren besonders in Überzahl so schlecht“) zum 13:8 (29.), danach lässt sich Glandorf von Cindric auswackeln. Noch ist nichts gewonnen. So schnell wird aus dem Olympiasieger von 2004 kein Kreismeister. 14:12 (36.), 21:19 (51.), 22:20 (53.) – Kroatien bleibt lange dran, lässt sich nicht abschütteln, obwohl die Deutschen mit blitzschnellem Tempospiel, grandiosen Reflexen und lückenlosem Verschieben zwischenzeitlich auf 19:13 davonziehen (45.). Was ist das denn? Plötzlich taucht der eingewechselte Niclas Pieczkowski im Abwehr-Innenblock auf (und macht seine Sache nicht schlecht), auf einmal gibt Steffen Fäth den traumwandlerisch sicheren Strippenzieher (und bedient Pekeler und Wiencek genial am Kreis). Deutschland spielt diszipliniert, routiniert, aber wenig schillernd. Kroatien scheitert am Ende auch an Andreas Wolff im Tor. Und als es Finn Lemke nach dem 22:20 endgültig zu bunt wird, macht er den Laden hinten eben einfach dicht. Uwe Gensheimers (sicherer) Siebenmeter zum 23:20 (54.) gibt den Startschuss zum 6:0-Endspurt bis zum 28:20 (59.). Wer will noch mal? Wer hat noch nicht? Kroatien – noch nie bei einer WM von den Deutschen bezwungen – bricht ein, die Fans singen „Oh, wie ist das schön!“ in der mit 5586 Zuschauern ausverkauften Kindarena von Rouen. Da stimmt auch Bundestrainer Dagur Sigurdsson gern mit ein: „Wir haben einen super Kampf abgeliefert. Die Abwehr war sehr stark und Wolff war super. Das hat uns viel Sicherheit gegeben.“ Und wie geht es jetzt weiter? Heute um 10.30 Uhr setzt sich der Mannschaftsbus am Quartier des Deutschen Handballbundes in Rouen in Richtung Paris in Bewegung. Um 15.30 Uhr steht dort das Abschlusstraining im Centre Sportif Universitaire Jean Sarrailh auf dem Programm. Das Achtelfinale am Sonntag gegen Katar wird um 18 Uhr angepfiffen. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 21.01.2017)