KN: Willkommen in Kiel, Raul Santos!
Santos macht sich in der Reha für die Saisonvorbereitung fit
Der Regen prasselt und prasselt. Auf den Regenschirm, auf das Zeltdach, auf die Menschen da draußen. Raul Santos' Konter ist ein strahlendes Lächeln: "Schön hier in Kiel." Diese herzliche Heiterkeit (oder heitere Herzlichkeit?) ist der rote Faden im Gespräch mit dem neuen Linksaußen des THW Kiel, der die Position von Dominik Klein einnehmen wird. Der Wiener Kaffee mit Sahne wärmt von innen, auf der Fototapete strahlt die Sonne über der Alm, ein paar Minuten später, dann ist's, als würde man sich schon lange kennen. Air Jordans, Guess-Gürtelschnalle, T-Shirt, schwarze Jacke - der in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik geborene Österreicher, der mit elf Jahren mit Mutter Viviana und den drei älteren Geschwistern in die Steiermark kam, legt Wert auf Style. Einen Ruf als "Youtube-Handballer" hat er noch dazu. Der 1,80-Meter-Mann mit enormer Sprungkraft und Trickwurf-Repertoire kann aber auch ganz anders. Seine neue Heimat hat der Rap-Fan, der in Österreich beim Kegeln für den Handball entdeckt wurde und dann in der Jugend für Union Leoben spielte, in Melsdorf in den vier Wänden gefunden, die bis vor wenigen Wochen Joan Cañellas bewohnte. "Ich mag es dort, ein ruhiger Ort, tolle Nachbarn. Ich bin eher ein familiärer Typ." Apropos Familie: Santos und Freundin Julia bekommen im Oktober ihr erstes Kind. Die THW-Familie bekommt also ein weiteres Kieler Baby und einen sympathischen Torjäger noch dazu. Der 24-Jährige, der in der Saison 2014/2015 für den VfL Gummersbach 253 Tore warf und Platz zwei in der Torschützenliste belegte, sagt: "Sich mit mir nicht zu verstehen, ist wirklich nicht einfach. Ich bringe gern ein wenig Licht in die Mannschaft." Und dann lacht Santos wieder dieses einnehmende Lachen: "Nachdem ich mich im Januar verletzt hatte, war es echt nicht mehr ganz so lustig im Team." Im Januar in der WM-Qualifikation im Spiel gegen Rumänien riss das Innenband, der Außenmeniskus musste genäht werden. Kiel, das ist für "Air" Santos darum erst einmal auch Reha im Mare Klinikum. "Ich will zum Start der Vorbereitung im Juli möglichst bei 90 Prozent sein. Die restlichen zehn Prozent kommen dann während der Vorbereitung." Urlaub kam für den österreichischen Nationalspieler, der mit Unverständnis darauf reagierte, dass Norwegen und nicht Österreich die Wildcard für die Weltmeisterschaft 2017 zugesprochen wurde, irgendwie nicht in Frage. "Wenn ich nicht fit bin, bin ich auch nicht entspannt." Also kam Julia zur Kieler Woche zu Besuch. Wenn nur der typische Kieler-Woche-Regen am Wochenende nicht gewesen wäre. "Passt schon", sagt Santos mit einem Lächeln. Schon "als Knabe" habe er irgendwann einmal bei einem großen Klub spielen wollen. Jetzt ist er in Kiel landet. "Eine unglaubliche Entwicklung." Dann geht es wieder nach draußen in den Kieler Regen. Und in der Kieler Arena wird schon bald irgendwie die Sonne aufgehen. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 28.06.2016)