Kiel. Ein Novum in der Geschichte des THW Kiel: Heute Abend (19 Uhr) trifft der Handballmeister in einem Testspiel in der Schweriner Kongresshalle auf die von Oleg Kuleschow trainierte russische Nationalmannschaft. Im Bus sitzt auch Rasmus Lauge, der fünf Monate nach seinem Kreuzbandriss die Kollegen ins Trainingslager begleitet, das das Team von Alfred Gislason nach einer Übernachtung in Schwerin schließlich in Osterburg (Altmark) beziehen wird.
Spricht Dr. Detlev Brandecker, einer der Mannschaftsärzte des THW, über Lauge, fällt ihm der Vergleich zu Sami Khedira ein. Der Mittelfeldstar der Fußball-Nationalmannschaft kehrte nach einem Kreuzbandriss in Rekordzeit zurück und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass das Team von Jogi Löw vor knapp drei Wochen Weltmeister wurde. Der Heilungsprozess des dänischen Nationalspielers, so Brandecker, sei durchaus vergleichbar. "Sein Knie ist in einem hervorragenden Zustand, er ist schon sehr, sehr weit", sagt er. "Das liegt auch daran, dass Rasmus die Reha extrem gewissenhaft angeht."
Rasmus Lauge ist auf dem Weg zurück.Im Punktspiel bei der MT Melsungen riss Anfang März das vordere Kreuzband im rechten Knie des 23-Jährigen. Der Mittelmann hatte kurz zuvor die Europameisterschaft in der Heimat nur als Ersatzspieler erlebt, weil ihn ein Anriss des hinteren Kreuzbandes im gleichen Knie wochenlang außer Gefecht gesetzt hatte. Er war nach der EM gerade wieder eine verlässliche Größe geworden, als seine erste Saison in Diensten des Rekordmeisters endgültig ein vorzeitiges Ende nahm. Er ließ sich bei Dr. Frank Pries, dem zweiten Mannschaftsarzt des THW, operieren und von dem erneuten Rückschlag nicht entmutigen. "Ich bin sehr zufrieden", sagt Lauge, der sein Aufbautraining nun in Osterburg (2. bis 8. August) fortsetzen will.
Gegenstöße ließen sich schon wieder in gedrosseltem Tempo laufen, auch das Abspringen gelinge schmerzfrei, allerdings noch nicht in gewohnte Höhen - Schritt für Schritt tastet sich Lauge zurück in seinen Beruf. "Bei jeder neuen Übung habe ich erst einmal Angst", sagt er. "Aber bisher hat das Knie immer gehalten." Er wolle kein Risiko eingehen, sich nicht unter Druck setzen, wünscht er sich doch, dass das Gelenk anschließend noch 15 Jahre lang sein Leben als Profi mitträgt. Angesichts des "unglaublichen Kaders" (Lauge) sehe er auch keine Veranlassung zur Hast. Auf seiner Position verfügt der THW derzeit über so viel Extraklasse, dass es für ihn schwer werden könnte, die für ein Comeback nötigen Spielanteile zu erhalten. "Daran denke ich noch nicht", sagt er. "Ich muss erst wieder fit werden." Heute Abend wird er nur zuschauen, wenn sich Aron Palmarsson, Filip Jicha, Joan Canellas und Domagoj Duvnjak auf seiner Position gegen eine russische Mannschaft abwechseln, die sich in Deutschland auf die WM 2015 im Emirat Katar vorbereitet. Weil es Probleme mit den Visaanträgen gab, musste die ursprünglich für den 26. September vorgesehene Partie verschoben werden. Trotzdem hatten bis gestern bereits 1400 Fans eine Karte gekauft.
"Es ist reizvoll, den Vergleich zwischen einer Vereins- und einer Nationalmannschaft zu ziehen", sagt Gislason, dessen Team am Mittwoch sein erstes Testspiel beim Zweitligisten HC Empor Rostock mit 31:22 gewonnen hatte.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 01.08.2014)