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Zebras erkämpfen sich einen wichtigen Hauptrunden-Punkt bei der MT Melsungen
Seit Mai 2024 ist die MT Melsungen in ihrer Rothenbach-Halle in Kassel bei Handball-Pflichtspielen ungeschlagen. Diesen Nimbus wahrte der Meisterschafts-Favorit beim spannenden 26:26 (14:13) auch gegen den THW Kiel. Die Zebras ihrerseits lagen bereits fünf Tore hinten, am Ende fehlten ihnen im ersten Hauptrundenspiel der EHF European League 36 Sekunden zum doppelten Punkterfolg. Aber trotzdem machten die Zebra mit dem Punktgewinn in Kassel einen wichtigen Schritt für die direkte Viertelfinal-Qualifikation des europäischen Wettbewerbs. Überragender Spieler auf dem Parkett war Eric Johansson, der nach anfänglichen Problemen als Anspieler glänzte, den Ball zudem achtmal unwiderstehlich in die MT-Maschen drosch. Einen großen Anteil an dem bemerkenswerten Teil-Erfolg der Zebras hatte zudem Torhüter Tomas Mrkva. Der Tscheche rückte nach 19 Minuten in den Kasten und hielt zwölf schwere Bälle - darunter zwei Siebenmeter.
Pekeler durfte auf internationalem Parkett mitwirken
Beim 31:25-Heimtriumph am Sonnabend gegen den SC Magdeburg wurde THW-Kreisläufer Hendrik Pekeler kurz vor Spielbeginn vom Delegierten Kay Holm zu Zuschauern verdammt, sein Schutz für den operierten Daumen gefiel dem Offiziellen trotz der umfangreichen Polsterung nicht. Auf internationalem Parkett bekam Hendrik Pekeler hingegen grünes Licht, Trainer Filip Jicha hatte eine wichtige Alternative mehr im Kader. Er musste allerdings weiterhin auf die erfahrenen Rückraumspieler Nikola Bilyk (Oberschenkel) und Kapitän Domagoj Duvnjak (Muskelfaserriss Wade) verzichten, sodass das Kieler Rückraumspiel erneut von den drei jungen Johansson, Emil Madsen (beide 24 Jahre) und Mittelmann Elias Ellefsen á Skipagötu getragen werden musste. Der unangefochtene Tabellenführer der DAIKIN Handball-Bundesliga beklagt ebenfalls Personalprobleme, verstärkte sich aber kurzfristig mit dem schwedischen Rückraumspieler Jonathan Svensson aus Erlangen und Linksaußen Marti Soler, der als Leihgabe vom FC Barcelona zu den Hessen kam.te.
Nervöse Anfangsphase auf beiden Seiten
Melsungen stellt mit dem lettischen 2,15-Meter-Riesen Dainis Kristopans im Defensiv-Zentrum die beste Abwehrreihe Liga. Die Zebras fanden zu Beginn mit ihrem Tempohandball gute Mittel gegen das berüchtigte Bollwerk, überrannten die Hessen nach Ballgewinnen in der Abwehr, trafen durch Bence Imre zum 1:1 und Emil Madsen zur 2:1-Führung über Tempogegenstöße. Nach zehn Minuten legten sie durch das Solo-Tor von á Skipagötu die erneute 3:2-Führung vor. In der hektischen, auf beiden Seiten nervös geführten Anfangsphase mit vielen technischen Fehlern gerieten die Schwarz-Weißen nach einer fragwürdigen Zeitstrafe gegen Emil Madsen dann aber vorübergehend aus dem Rhythmus und in Rückstand. Melsungen traf vor allem durch Aaron Mensing, der in der ersten Halbzeit viermal erfolgreich war. Die Hessen zogen bis zur 20. Minute auf 10:6 davon, später dann sogar auf 12:7. Auch, weil MT-Torhüter Nebosja Simic mehrfach zur Stelle war, bis zur 20. Minute sechs Bälle aufhielt. Die Zebras taten sich in der Folge schwer, rannten sich mehrfach in der MT-Abwehr fest und liefen zumeist einem Vier-Tore-Rückstand bis zur 26. Minute hinterher.
Aufholjagd wird kurz nach der Pause belohnt
Gut, dass THW-Trainer Filip Jicha nach einer Auszeit auf den siebten Feldspieler setzte. Den spielten die Zebras nahezu fehlerfrei aus, und Johansson nutzte die sich ihm bietenden Möglichkeiten eiskalt und mit viel Willen. Simic bekam so jetzt kaum noch eine Hand an den Ball. Auf der anderen Seite war Tomas Mrkva für Andreas Wolff gekommen, der Tscheche steigerte sich von Minute zu Minute in eine Galaform hinein: Er nagelte seinen Kasten geradezu zu. Uns so legte Tomas Mrkva in der Schlussphase der ersten Halbzeit die Basis für die Kieler Aufholjagd mit einem 3:0-Lauf bis zum Pausenpfiff: Johansson traf in der 28. Minute mit seinem fünften Treffer zum 11:14, ließ wenig später das 12:14 ins leere MT-Tor - auch Melsungens Taktik-Fuchs Roberto Garica Parrondo setzte auf die Überzahl durch einen weiteren Feldspieler, folgen. Und nach einem Ballgewinn von Emil Madsen machte sich Pekeler auf den Weg, vollstreckte den Tempogegenstoß zum 13:14-Halbzeitstand. Die Zebras kehrten dann hellwach aus den Kabinen zurück. Á Skipagötu glich nach einem Solo per raffiniertem Dreher zum 14:14 aus. Die Gastgeber waren dann zweimal mit dem Glück im Bunde: Barrufet scheiterte zwar per Siebenmeter an Mrkva, der Abpraller fiel aber in seine Hände - 15:14. 16:14 hieß es kurz danach, weil auch die MT nach einem Abspielfehler einmal ins leere THW-Tor traf.
Zebras drehen die Partie
Beide Seiten suchten ihr Angriffsglück weiterhin mit der Sieben-gegen-Sechs: "Skippy" traf mit einem Kracher zum 15:16, Emil Madsen glich per Heber sanft zum 16:16 aus. Die Partie wogte jetzt hin und her. Der THW suchte und fand im Überzahl-Angriff jetzt seinen Linksaußen: Rune Dahmke belohnte das Vertrauen mit drei Toren in Folge für sein Team, erzielte die 19:18-Führung in der 41. Minute aus ganz feinem Handgelenk. Es folgte die beste Kieler Phase: Johansson per Solo, Patrick Wiencek vom Kreis und Bence Imre von Rechtsaußen: So zauberten die Kieler bis zur 45. Minute einen 4:0-Lauf aufs Parkett, sorgten für lähmende Stille beim MT-Publikum und lagen 22:18 vorn.
Zeitstrafe für Reinkind holt MT zurück ins Spiel
Und wieder war es eine Zeitstrafe, die die Gastgeber zurück ins Spiel brachte: Harald Reinkind kassierte diese, und die 120 Sekunden Unterzahl taten den Zebras weh, weil die MT einmal mehr auch das Glück auf ihrer Seite hatte. Erst traf Barrufet mit einem Innenpfosten-Siebenmeter , dann mit einem Kullerball trotz Mrkva-Parade zum 20:22, ehe Johansson ein angebliches Stürmerfoul begangen haben soll: Mensing traf zum 21:22, mit dem schnellen 3:0-Lauf in Überzahl war der Gastgeber wieder dran. Zwar konnten die Zebras noch einmal kontern, allerdings verpasste es Mrkva beim Stand von 26:24 (54.) nach toller Parade, für eine zumindest kleiner Vorentscheidung zu sorgen: Statt den Ball auf den duchstartenden Dahmke zu passen, versuchte er es mit einem Wurf aufs leere Tor der - sehr zum Leidwesen der Kieler und ihrer mitgereisten Fans - am Pfosten vorbeiging. Alles war wieder offen, ein wenig fehlte das Wurfglück, ein wenig die Erfahrung und Abgezocktheit im jungen Rückraum, technische Fehler kamen nun hinzu: Am Ende sorgte Balenciaga für das glückliche, aber nach einem verrückten Spielverlauf eben auch verdiente Remis.
Erst Wetzlar, dann zu Hause gegen Porto
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präsentiert das Spiel
Während die Zebras noch in der Nacht nach Kiel zurückkehrten, steht die nächste weite Auswärtstour bereits in den Startlöchern: Am Sonntag ist der THW Kiel um 16:30 Uhr bei der HSG in Wetzlar gefordert, ehe der europäische Wettbewerb wieder im Fokus steht: Denn bereits am folgenden Dienstag sind die Kieler endlich wieder vor heimischem Publikum gefragt. Zu Gast ist der mit Nationalspielern gespickte portugiesische Spitzenclub FC Porto um WM-Allstar Victor Iturriza. Anwurf ist um 20:45 Uhr, der Vorverkauf für dieses Heimspiel läuft bereits auf Hochtouren. Tickets gibt es bei CITTI, in der THW-FANWELT und rund um die Uhr online unter www.thw-tickets.de. Weiter geht’s in Wetzlar, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: MT Melsungen/Alibek Käsler
EHF European League, Hauptrunde: MT Melsungen: 26:26 (14:13)
MT Melsungen: Morawski (45.-54., keine Parade), Simic (1.-45., 54.-60., 9 Paraden); Enderleit (2), Balenciaga (1), Sipos, Kristopans (3), Ignatow (1), Moraes (4), Jönsson (2), Soler, Svensson, Mensing (5), Kastening (1/1), Barrufet (6/1); Trainer: Parrondo
THW Kiel: Mrkva (19.-60., 12/2 Paraden), Wolff (1.-19., 1 Parade); Reinkind, Landin, Överby (1), Wiencek (1), Johansson (8), Dahmke (3), Zerbe (n.e.), Kutz (n.e.), Madsen (4), Pekeler (1), á Skipagötu (4), Imre (4/1); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Danielo Bozhinovski / Viktor Nashevski
Zeitstrafen: MT: 1 (Enderleit (38.))/ THW: 2 (Madsen (9.), Reinkind (45.))
Siebenmeter: MT: 4/2 (Mrkva hält 2x Barrufet (32., 37.)) / THW: 1/1
Spielfilm: 1:0, 1:2, 2:3 (6.), 4:3 (11.), 5:5, 7:6 (16.), 10:6 (19.), 12:7 (22.), 12:9 (24.), 14:10 (27.), 14:13;
2. Hz: 14:14, 16:14 (33.), 16:16 (34.), 17:18 (40.), 18:22 (45.), 21:22 (47.), 23:24 (52.), 25:26 (56.), 26:26.
Zuschauer: 3289 (Rothenbach-Halle, Kassel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Die Entscheidung fällt gegen Porto und am Ende die MT Melsungen in Kiel. Ich bin stolz auf meine Mannschaft, dass sie hier einen Punkt geholt hat, wie sie in der ersten Halbzeit zurückgekommen ist - mit Cleverness und Geduld. Die MT spielt mit einer sehr variablen und beweglichen und trotzdem sehr körperlichen Abwehr, deshalb konnten wir nicht jeden Angriff so ausspielen wie erhofft. In der Abwehr haben wir im Großen und Ganzen gut gespielt. Die Manndeckung gegen Dainis Kristopans haben wir trainiert, so etwas ist gegen eine Mannschaft wie Melsungen mit derart vielen schlauen Handballern aber immer auch eine Gratwanderung. Denn die Räume werden dann größer. In der zweiten Halbzeit konnten wir nach einigen Mrkva-Paraden sogar in Führung gehen, am Ende ist es ein Unentschieden geworden, dass dazu führt, dass wir es mit unseren eigenen Fans im Rücken in der Hand haben, unser Ziel zu erreichen. Insgesamt war es ein sehr robustes Spiel.
THW-Toptorschütze Eric Johansson: Wir haben sehr gut gespielt, die Abwehr war überragend. Unser Start war hingegen nicht so gut, dann sind wir aber zurückgekommen und in Führung gegangen. Wir sind nicht komplett zufrieden, weil wir das Spiel natürlich gewinnen wollten. Aber das Unentschieden ist trotzdem ok. Jetzt haben wir einen Punkt in einem schweren Auswärtsspiel geholt, und dann wollen wir die restlichen Spiele gewinnen.
THW-Linkshänder Emil Madsen: Wir haben eine richtig gute zweite Halbzeit gespielt und hätten eigentlich mehr als einen Punkt verdient gehabt. Aber so ist Handball. Ich möchte mich bei unseren tollen Fans für die Unterstützung bedanken, und ich bin stolz auf meine Mannschaft, denn hier einen Punkt zu holen, ist wirklich nicht einfach. Wir haben 60 Minuten lang gekämpft, am Ende fehlte auch noch ein bisschen das Glück. Aber wir machen weiter.
THW-Torhüter Tomas Mrkva: Ich bin erst einmal froh, dass wir hier einen Punkt geholt haben. Nach dem Spielverlauf hätten es auch zwei Zähler werden können, aber eben auch null Punkte. Ich bin ein bisschen traurig, dass ich das leere Tor nicht getroffen oder Rune nicht angespielt habe. Aber das Unentschieden ist am Ende gerecht, und wir können eigentlich auch gut damit leben. In drei Wochen werden wir sehen, wofür dieser Punkt noch gut sein kann. Hoffentlich wird er uns helfen, direkt das Viertelfinale zu erreichen. Jetzt treffen wir zweimal auf die richtig starke Mannschaft aus Porto, und wir müssen gegen sie unsere Bestleistung zeigen, um zu gewinnen. Schaffen wir das zu Hause und in Porto, dann kommt es vor unseren Fans zum Showdown gegen Melsungen.