30:27 in Hamburg: Kämpferische Zebras stehen im Achtelfinale!
Das erste K.o.-Spiel der Handball-Saison meisterte der THW Kiel mit viel Kampf und starken Nerven: In der zweiten Runde des DHB-Pokals setzten sich die Kieler am Tag der Deutschen Einheit beim Nordrivalen Handball Sport Verein Hamburg mit 30:27 (12:12) Toren durch. Dadurch stehen die Zebras, die in der vergangenen Saison bereits im ersten K.o.-Spiel ausgeschieden waren, jetzt im Achtelfinale des Wettbewerbs. Beide Teams boten den 5876 Zuschauern in der stimmungsvollen Barclays Arena einen echten Handball-Krimi. Am Ende hatten die Zebras, die in Tomas Mrkva einen starken Rückhalt hatten, verdient die Nase vorn. Sie freuten sich gemeinsam mit den rund eintausend mitgereisten THW-Fans über den Erfolg, zu dem Eric Johansson und Emil Madsen jeweils neun Treffer beisteuerten.
Beide Teams mit Verletzungssorgen
Der Pokal-Rekordtitelträger aus Kiel (zwölf Finalsiege) hatte die kurze Busreise in die Hansestadt erwartungsgemäß ohne seine verletzten Rückraumspieler Harald Reinkind (Fersen-OP), Nikola Bilyk (Muskelfaserrisss Oberschenkel) und Elias Ellefsen á Skipagötu (Knie) antreten müssen. Die verbleibenden vier Spieler im Kieler Rückraum mussten einmal mehr doppelt schuften, hatten nur wenig Gelegenheiten zum Verschnaufen.
Allerdings beklagte auch HSV-Trainer Torsten Jansen Personalprobleme, musste auf Tomislav Severec, Zoran Ilic und Andreas Magaard verzichten. Für den länger ausfallenden Kreisläufer Magaard hat der HSV kurzfristig seinen Ex-Spieler Dina Corak nachverpflichtet,.Der Kroate kam allerdings nur auf eine kurze Einsatzzeit, kassierte in der 28. Minute nach überhartem Einsatz gegen Eric Johansson verdient die Rote Karte vom guten Schiri-Gespann Brodbeck/Reich.
Hamburg nutzt Kieler Fehler
Beide Teams starteten mit viel Tempo in die Partie: Lukas Zerbe eröffnete den Torreigen nach Johansson-Pass mit sicherem Abschluss von Rechtsaußen zum 1:0 für die Zebras. Die Hamburger antworteten keck mit einem 3:0-Lauf: Bo Andersen, Leif Tissier und noch einmal Andersen brachten die Gastgeber mit 3:1 in Front. Dabei profitierten die Hamburger früh von Kieler Ballverlusten im Angriff. Hendrik Pekeler warf die Gäste wieder heran, doch THW-Trainer Filip Jicha musste mitansehen, wie seine Schützlinge weiterhin Fehler produzierten, den HSV zu Tempogegenstößen einluden. So lag die Hamburger durch Tissier nach 14 Minuten mit 8:6 Toren in Front, Mortensen verwandelte wenig später seinen Strafwurf zum 9:7 und per Ballklau mit gelungenem Tempogegenstoß war Andersen in der 20. Minute zur 11:9-Führung erfolgreich.
Unentschieden zur Pause
Grund genug für THW-Trainer Filip Jicha, den Buzzer zu betätigen, seinen Mannen in der Auszeit klare Ansagen zu vermitteln. Er wolle eine deutliche Körpersprache sehen, forderte Jicha. Es wirkte. Die Kieler besannen sich auf ihre kämpferischen Qualitäten: Rune Dahmke klaute einen Ball in der Abwehr, Johansson legte sich ins Zeug, traf in der 28. Minute per Doppelschlag zum 11:11. Dass die Kieler aber lange Zeit hinter Hamburg herliefen, lag auch an Robin Haug im HSV-Tor, der allein Hendrik Pekeler drei Würfe abnahm. Aber Zerbe erkämpfte dann einen weiteren Ball in der Abwehr, schickte Dahmke auf die Reise und Kiels Linksaußen vollendete zum 12:11 und zur ersehnten eigenen Führung. THW-Torhüter Tomas Mrkva, bereits nach 15 Minuten für Andreas Wolff gekommen, glänzte wenig später mit gehaltenem Siebenmeter gegen Mortensen. Doch Hartwich nutzte eine Kieler Unaufmerksamkeit zum 12:12-Pausenstand.
THW Kiel kommt gut aus der Kabine
"Wir sind gut bedient mit diesem Ergebnis", analysierte Dahmke vor den Kameras von Dyn in der Pause. "Wir hatten fünf Ballverluste bei eigenen Angriffen, haben den HSV zu Gegenstößen direkt eingeladen. Das muss in der zweiten Halbzeit besser werden." Und das wurde es auch: Johansson lief warm, die HSV-Abwehr hatte große Probleme mit dem wurfgewaltigen Schweden. Und Pekeler zeigte wieder sein Können, traf innerhalb weniger Minuten dreimal ins Hamburger Tor. Die Zebras lagen so nach 37 Minuten mit 17:14 in Front. Eine vorentscheidende Wendung? Mitnichten. Hamburg kämpfte aufopferungsvoll, stand jetzt gut in der Abwehr und glich in der 43. Minute durch einen Kracher von Rückraum-Ass Axmann zum 18:18 aus, wenig später brachte Hartwich die Gastgeber per Tempogegenstoß sogar erneut in Front.
Packende Schlussphase
Dann folgte die große Zeit von Eric Johansson, der sich immer wieder durch die HSV-Abwehr tankte, sein Team mit einem Dreierpack wieder nach vorne warf: 21:20 hieß es nach 47 Minuten für den THW. Das Spiel entwickelte sich in der Folge zu einem echten Handball-Krimi, in dem die Zebras stets Antworten fanden. Lukas Zerbe steuerte ein wichtiges Tor bei, Emil Madsen, nach zwei frühen Zeitstrafen fast nur noch offensiv eingesetzt, verwandelte einen Siebenmeter nach Holztreffer eiskalt im Nachwurf. Auf der anderen Seite steigerte sich Leif Tissier in Galaform, hielt seine Mannschaft mit seinen Toren auf Augenhöhe. Die letzte Auszeit von Filip Jicha läutete sechs Minuten vor dem Ende dann die knisternde Schlussphase ein. Großartig war das Tor von Madsen, der trotz Behinderung per sensationellem Dreher zum 27:25 einnetzte. Tissier brachte Hamburg erneut heran, doch wieder war es Madsen, der für den THW traf: 28:26.
Packende Schlussphase
Glück für die Kieler, dass Lassen unter dem Druck der Zebra-Abwehr zum unglücklichen Zeitpunkt für sein Team einen technischen Fehler produzierte. Im Gegenzug war Eric Johansson wiederum nicht zu bremsen, brachte den Ball per Solo zum 29:26 im HSV-Tor unter. Gegen die offensive Deckung der Hamburger machten die Zebras nun Fehler, und Andersen verkürzte noch einmal. Doch letzte HSV-Hoffnungen zerstieben durch Wellers Lattenkracher. Pekeler machte mit dem 30:27 per Tempogegenstoß dann alles klar: Der THW und sein Anhang jubelten über den Einzug ins Achtelfinale.
Duvnjak: "Klassischer Pokalfight"
"Das war ein klassischer Pokalfight", schnaufte THW-Kapitän Domagoj Duvnjak nach den 60 intensiven und abwechslungsreichen Minuten durch. "Ich zolle dem HSV Respekt, er hat sehr gut gespielt. Insgesamt war es aber ein verdienter Sieg für uns. Wir hatten in der ersten Halbzeit zwar Probleme im Angriff, aber Tomas Mrkva im Tor war sehr stark. Der Elan in unserem Team im Vergleich zu dem verlorenen Melsungen-Spiel war viel besser. Unser Ziel ist jetzt natürlich das Final Four in Köln.“ Im Achtelfinale stellt sich den Zebras allerdings niemand geringeres als der Titelverteidiger in den Weg: HSV-Fußball-Trainer Steffen Baumgart loste das Top-Duell der nächsten Runde direkt nach dem Abpfiff der Partie. Die Zebras genießen Mitte November, gespielt wird das Achtelfinale voraussichtlich am 13. und 14. November. gegen den Titelfavoriten Heimrecht.
Zebras bereits Samstag im Heimspiel gegen Stuttgart gefordert
Nur knapp 50 Stunden nach dem Abpfiff in Hamburg sind die Zebras schon wieder in der stärksten Liga der Welt gefordert: Am Samstag ist der TVB Stuttgart zu Gast in Kiel. Die Stuttgarter, die sich vor der Spielzeit unter anderem mit dem ehemaligen Wetzlarer Top-Torschützen Lenny Rubin verstärkt haben, kämpfen aktuell mit den Unbillen des Saisonstarts. Das macht sie allerdings gefährlich, geht es für die Schwaben doch bereits jetzt um jeden Punkt. Die Partie in der noch nicht ausverkauften Wunderino Aren wird um 19 Uhr angepfiffen, für das Spiel gibt es noch Tickets in fast allen Kategorien. Diese sind unter www.thw-tickets.de sowie in der THW-FANWELT, die Samstag von 10 bis 19 Uhr geöffnet hat, und bei CITTI erhältlich. Gleiches gilt für die Auftaktpartie der EHF European League am Dienstag, 8. Oktober, gegen Bathco BM Torrelavega aus Spanien. Weiter geht’s gegen Stuttgart, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Rick Behnke-Schoos / Sascha Klahn
DHB-Pokal, 2. Runde: Handball Sport Verein Hamburg – THW Kiel: 27:30 (12:12)
Handball Sport Verein Hamburg: Bitter (n.e.), El-Tayar (53.-60., 2 Paraden), Haug (1.-53., 13/1 Paraden); Tissier (7), Botta, Lassen (1), Weller (1), Axmann (6), Corak, Levermann, Andersen (6/1), Hartwig (2), Unbehaun, Sauter, Mortensen (1/1), Valiullin; Trainer: Jansen
THW Kiel: Mrkva (15.-60., 10/1 Paraden), Wolff (1.-15., 1 Parade), Bellahcene (n.e.); Duvnjak (1), Landin, Överby, Wiencek, Pabst, Johansson (9), Dahmke (2), Zerbe (3), Kutz (n.e.), Madsen (9/2), Wallinius, Pekeler (6), Imre (n.e.); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck / Simon Reich
Zeitstrafen: HSVH: 1 (Weller (26.)) /THW: 3 (2x Madsen (10., 29.), 2x Överby (46., 52.))
Rote Karte: Corak (HSV, grobes Foulspiel (28.)),
Siebenmeter: HSVH: 3/2 (Mrkva hält Mortensen (30.)) / THW: 4/2 (Haug hält Madsen, Nachwurf verwandelt (18.), Madsen an die Latte, Nachwurf verwandelt (53.))
Spielfilm: 0:1 (1.), 3:1 (4.), 4:2 (5.), 4:5 (9.), 6:6, 8:6 (15.), 9:7, 9:9 (18.), 11:9 (19.), 11:12 (29.), 12:12;
2. Hz: 13:12, 13:14 (32.), 14:14, 14:17 (36.), 15:18, 19:18 (42.), 19:20, 22:22 (48.), 22:24 (51.), 24:26 (53.), 26:27 (57.), 26:29 (57.), 27:30.
Zuschauer: 5876 (Barclays Arena, Hamburg)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Was für ein Kampf, was für Emotionen. So muss ein K.o.-Spiel aussehen im Pokal. Ich bin sehr stolz auf meine Jungs, dass sie in den wichtigen Momenten eine sehr gute Qualität spielen konnten. In Momenten, in denen es nicht so gut lief, sind wir hingegen nicht zusammengebrochen. In der zweiten Halbzeit war dann sehr viel mehr Tempo. Das Spiel hätte zu beiden Seiten kippen können. Wir sind gut aus der Kabine gekommen, haben dann den HSV mit einigen technischen Fehlern zurück ins Spiel geholt. Die Hamburger haben das mit großer Präzision für sich genutzt. Wichtig war, dass wir in der Crunshtime cool geblieben sind. Dafür geht ein großes Lob an meine Mannschaft.
HSVH-Trainer Torsten Jansen: Glückwünsch zum Erreichen der nächsten Runde. Ich gratuliere und meine das ganz ehrlich. Bei uns haben ein paar Kleinigkeiten gefehlt, um den THW Kiel zu schlagen. Mit dem Spiel, dem Verlauf und den Emotionen bin ich sehr zufrieden. Wir haben auch kühlen Kopf bewahrt, leider hat es nicht gereicht, um eine internationale Spitzenmannschaft zu schlagen. Jetzt freuen wir uns darauf, diese Möglichkeit in etwas mehr als einer Woche vor noch größerer Kulisse erneut zu haben.
Ergebnisse 2. Runde im DHB-Pokal
VfL Lübeck-Schwartau – TSV Hannover-Burgdorf: 33:36 n.V.
HBW Balingen-Weilstetten – HSG Wetzlar 34:32
Eulen Ludwigshafen - TBV Lemgo Lippe 17:30
HC Elbflorenz Dresden – Bergischer HC 32:36
Füchse Berlin – Frisch Auf! Göppingen 37:36
ASV Hamm-Westfalen – TuSEM Essen 30:31
HSC 2000 Coburg – TVB Stuttgart 25:22
HC Erlangen – VfL Gummersbach 27:28
VfL Eintracht Hagen - Rhein-Neckar Löwen 26:29
HC Empor Rostock - HSG Nordhorn-Lingen 42:40
Handball Sport Verein Hamburg – THW Kiel 27:30
SG BBM Bietigheim – ThSV Eisenach 26:31
TuS N-Lübbecke - SC DHfK Leipzig 23:32