DHB-Pokal
Wahnsinns-Krimi in Magdeburg: THW im Viertelfinale!
Der THW Kiel hat es geschafft: Mit einem 22:21 (10:11)-Erfolg beim SC Magdeburg entthronten die "Zebras" im DHB-Pokal den Titelverteidiger und fügten den Grün-Roten die erste Pokal-Heimniederlage überhaupt in der Getec-Arena zu. In einem wahren Handball-Krimi überragte bei den Kielern einmal mehr das Torhüter-Gespann: Niklas Landin entnervte die SCM-Werfer mit 17 Paraden, und Andreas Wolff parierte gleich drei Siebenmeter. In einer unglaublich spannenden Schlussphase machten beide Teams Fehler, am Ende von 60 zum Teil überharten Minuten jubelten die Kieler ausgelassen mit ihren rund 50 mitgereisten Fans. Bester THW-Torschütze: Niclas Ekberg mit sechs Treffern.
Kiel kommt besser aus der Pause
Ganz anders das Bild direkt nach dem Seitenwechsel: Nikola Bilyk hatte direkt nach Wiederanpfiff im Eins-gegen-Eins den Ausgleich erzielt, ehe der in der zweiten Halbzeit im Angriff spielende Vujin mit einem Hammer aus zehn Metern für Raunen im Publikum sorgte. Erstmals nach dem 3:2 (7.) war der THW Kiel wieder in Führung und nahm jetzt das Heft des Handelns in die eigene Hand, auch wenn der Angriff weiter Chance um Chance liegen ließ. Aber spätestens als Vujin nach Schneller Mitte Selbstbewusstsein demonstrierte und Sekunden nach dem Ausgleich die erneute Kieler Führung ins Netz hämmerte, und Ekberg einen Gegenstoß zum 16:14 verwandelte, schienen die Kieler Ruhe in die Arena zu bekommen.
Schlussminuten-Thriller
Mehr als zwei Minuten waren da noch zu spielen, und längste kochte die Magdeburger Seele auf dem Feld und auf den Tribünen. So musste SCM-Trainer Wiegert bei der von Alfred Gislason genommenen Auszeit mit Vehemenz und Körpereinsatz seine wild gestikulierenden Spieler wie Europameister Finn Lemke vor Schlimmerem bewahren - ehe er nach dem Schlusspfiff selbst mit den Schiedsrichtern und dem Kampfgericht schimpfte. Aber die letzten beiden Minuten zuvor waren auch wirklich nichts für schwache Nerven gewesen: Erst entschärfte Green einen Bilyk-Wurf, dann holte sich Landin den unter Druck geworfenen Ball von Zelenovic. 40 Sekunden vor dem Ende schien der THW endgültig auf die Siegerstraße eingebogen zu sein, machte aber im jugendlichen Leichtsinn noch einen Fehler im Angriff: Letzter Wurf von Weber, letzte Parade von Landin. Der Rest waren erhitzte Gemüter auf Magdeburger und völlig ausgepumpte aber ausgelassen mit ihren Fans jubelnde Spieler auf Kieler Seite. Der THW Kiel steht nach einem Handball-Drama im Viertelfinale des DHB-Pokals!
Kiel kämpft - Magdeburg bleibt dran
Der Boden war bereitet für eine Schlussphase, die an Hektik kaum zu überbieten war. Sechseinhalb Minuten vor dem Ende hielt Wolff wieder einen Weber-Siebenmeter, doch Wiencek verpasste mit einem Lattentreffer die erneute Drei-Tore-Führung. Die konnte auch Landin mit einer unglaublichen Reaktion gegen Grafenhorsts Konter nicht retten, weil Green im Gegenzug einen Vujin-Hammer hielt. Fünf Minuten vor dem Ende gelang Weber der Anschluss, ehe Lukas Nilsson in einer ganz brenzligen Situation Green mit einem Gewaltwurf aus dem Stand überraschte: 21:19 - und Wolff schnappte sich auch Siebenmeter Nummer drei, dieses Mal von Zelenovic geworfen. 190 Sekunden vor dem Ende nutzte Duvnjak diese Steilvorlage zum 22:19 - doch entschieden war dieser verrückte Pokal-Fight auch damit noch nicht. Denn sofort verkürzte Bagersted nach Schneller Mitte, leisteten sich die Zebras einen technische Fehler, was Zelenovic mit dem 21:22 bestrafte.
Kieler verpassen Vorentscheidung
Die "Zebras" verpassten es allerdings, den "Sack" frühzeitig zuzumachen. Nach Santos' Doppelpack aus Siebenmeter und erstem Feldtor nach weitem Gegenstoß-Pass von Ekberg zum 18:15 war die hitzige Atmosphäre kurzfristig enorm abgekühlt. Doch mit einigen Fehlern im Angriff holten der THW Kiel den Gastgeber zurück ins Spiel - auch wenn dieser aber auch patzte, mehrfach den Pfosten traf oder am immer unglaublicher haltenden Landin scheiterten. Weil Green auf der Gegenseite ebenfalls zur Höchstform auflief, entwickelte sich nach Webers Siebenmeter zum 18:18 ein offener Schlagabtausch. Dieser sah zunächst wieder den THW vorn, da Toft in Unterzahl per Hechtsprung den Ball klaute, Landin kurz darauf einen Gegenstoß von Musa entschärfte und Vujin per Schlagwurf unter die Latte zum 20:18 (53.) getroffen hatte.
Keine Pause: Samstag in Erlangen
Für die "Zebras" gibt es auch nach der mehr als intensiven Pokalpartie beim SC Magdeburg, dem insgesamt achten Spiel in 26 Oktober-Tagen, keine Ruhepause: Direkt nach der Rückkehr in die Landeshauptstadt bereiten sich die Kieler auf ihre nächste Auswärtstour vor. Am Freitag reisen sie nach Nürnberg, wo am Sonnabend (19 Uhr, kostenpflichtig live auf DAZN) eine ausverkaufte Arena und der heimstarke Aufsteiger HC Erlangen den THW Kiel zum Duell um zwei Punkte in der DKB Handball-Bundesliga erwarten. Weiter geht's, Kiel!
Rot für Musche
Alfred Gislason, der in Magdeburg auf die beiden Europameister Christian Dissinger und Rune Dahmke verzichten musste, überraschte mit zwei Linkshändern im Rückraum: Christian Zeitz und Steffen Weinhold begannen neben Domagoj Duvnjak, und Zeitz führte sich mit einem Traumpässen auf Wiencek und Ekberg hervorragend ein. Von Beginn an da war auch Niklas Landin: Nach Musas 4:3 verhinderte der Kieler Torhüter mehrfach eine höhere Führung der Gastgeber, die das Momentum trotzdem auf ihrer Seite hatten: Auch Jannick Green hatte einen ganz starken Tag erwischt und zeigte mehrfach vor allem gegen Raul Santos seine Klasse, während Niclas Ekberg ein Mittel gegen Green gefunden hatte: Der Schwede drehte die Bälle ins Tor, dass es eine Pracht war. So war es Ekberg, der zum 7:7 (21.) ausglich, ehe Matthias Musche für die erste richtig unschöne Szene des Spiels sorgte: Der Linksaußen verfolgte Weinhold beim Gegenstoß und schubste ihn von hinten in die Verteidigung. Die richtige Konsequenz des Schiedsrichtergespanns: direkt Rot für Musche (22.).
Santos besiegt den "Green-Fluch"
In der 25. Minute machte sich Raul Santos auf, seinen "Green-Fluch" zu besiegen: Nach zuvor zwei verworfenen Strafwürfen von Marko Vujin und Ekberg schnappte sich der Österreicher den Ball, verwandelte zum 8:8 und zum 10:11-Anschluss vor der Pausensirene. Da hatten die Fans bereits gesehen, wie Musa Duvnjak nach dessen Pass ins Gesicht geschlagen hatte, dafür aber lediglich eine Zeitstrafe erhielt. Aber auch diese Aktion war Ausdruck einer Magdeburger Abwehrarbeit, die auf Aggressivität setzte, damit für Hektik auf und neben dem Platz sorgte und den gefürchteten Kieler Rückraum weitestgehend schachmatt setzte.