Pokalkracher am Mittwoch: THW muss zum Titelverteidiger
Beide Teams wollen nach Hamburg
Für beide Mannschaften geht es am Mittwoch um viel. "Im vergangenen Jahr hat uns der Sieg im DHB-Pokal eine Saison gerettet, die ansonsten nicht zufriedenstellend war", erinnerte SCM-Trainer Bennet Wiegert an das Vorjahr, als die Magdeburger nach neun titellosen Jahren aus Hamburg den DHB-Pokal mit nach Hause nahmen. Der Titelverteidiger ist heiß darauf, auch in der aktuellen Saison wieder beim "Final Four" in der Hansestadt dabei zu sein. Ein Ziel, das auch die "Zebras" haben: "Natürlich wollen wir wieder nach Hamburg, auch wenn das in den vergangenen Jahren nicht so gut geklappt hat", erklärte THW-Trainer Alfred Gislason bei der Saisoneröffnungs-Pressekonferenz. Denn die Niederlagen in den vergangenen Jahren und die damit verbundene "Freizeit" während des Final-Four-Wochenendes wurmten natürlich den THW-Trainer. In der Serie 2013/14 schieden die Zebras im Achtelfinale gegen die Rhein-Neckar Löwen (30:32) aus, in den beiden darauf folgenden Spielzeiten kam der K.o. jeweils im Viertelfinale. Erst bei den Löwen (26:29), dann gegen die SG Flensburg-Handewitt (27:34).
Gislason freut sich auf den Pokalabend
Im DHB-Pokal standen sich beide Klubs bislang acht Mal gegenüber. Der THW führt in diesem Vergleich mit 5:3 und muss zum ersten Mal seit dem 31. Januar 1996 wieder zu einem Pokalspiel nach Magdeburg reisen. Die Statistik spricht nicht unbedingt für die "Zebras": Von vier dieser K.o.-Spiele in Sachsen-Anhalt verloren die Kieler drei (mehr Informationen liefert die Gegnerstatistik im THW-Archiv). Aber Bangemachen gilt nicht - schließlich wollen Gislason und die Schwarz-Weißen endlich wieder nach Hamburg. Der THW-Coach blickt der Partie in der Domstadt optimistisch entgegen: "Auswärts in Magdeburg - das ist eine der härtesten Aufgaben, die man in einem K.o.-Spiel gestellt bekommen kann. Aber das wird ein toller Handballabend: Eine volle Arena, Riesen-Stimmung und zwei ums Weiterkommen kämpfende Mannschaften. Ich freue mich drauf!"
Drei Neue für den SCM
Der SC Magdeburg verstärkte sich vor dieser Spielzeit ganz gezielt: Für den nach Erlangen abgewanderten Regisseur Michael Haaß holte man mit Christian O'Sullivan vom Champions-League-Teilnehmer IFK Kristianstad einen 25-jährigen Nationalspieler, der auch mit Norwegen bereits für Aufsehen gesorgt hat. Als Entlastung für den Haupttorschützen Robert Weber, der in der DKB Handball-Bundesliga bisher 59 Treffer erzielte, kam mit dem 24-jährigen Schweden Daniel Pettersson (Eskilstuna Guif) ein ebenso junger wie durchsetzungsstarker Rechtsaußen. Auf das Karriereende von Jure Natek und den Wechsel von Jens Schöngarth nach Göppingen reagierte man mit der Verpflichtung des 117-fachen dänischen Nationalspielers und aktuellen Olympiasiegers Mads Christiansen. "Das sind alles Typen, wie wir sie wollen", kommentierte Wiegert vor der Saison die Neuverpflichtungen.
Kieler erwartet ein Hexenkessel
Duvnjak: "Müssen besser als Sonnabend spielen"
Aller Voraussicht nach fehlen wird den Domstädtern dabei allerdings Torhüter Dario Quenstedt: Er hatte in Minden den in den Kreis hineinspringenden Marian Michalczik nach dessen Wurf am Hals erwischt und daraufhin die "blaue Karte", die eine automatische Sperre nach sich zieht, gesehen. Allerdings legte der SCM direkt nach der Partie Einspruch gegen die Sperre ein, eine Entscheidung steht noch aus. Für die "Zebras" geht es am Dienstag nach dem Abschlusstraining in Richtung Magdeburg. "Wir werden viel besser als am Sonnabend spielen müssen, wenn wir eine Runde weiterkommen wollen", sagt Kapitän Domagoj Duvnjak. "Vor allem müssen wir 60 - oder mehr - Minuten in der Abwehr konsequent und im Angriff konzentriert sein. Denn Schwächen wird uns der SC Magdeburg nicht verzeihen. Wir wollen nach Hamburg - und das müssen wir ab der ersten Minute jedem klar machen."
Sport1 überträgt live
KN: Eine günstige Gelegenheit?
Kiel. Der Weg nach Hamburg führt über Magdeburg: Der THW Kiel ist heute Abend (20.15 Uhr) im DHB-Pokal-Achtelfinale beim amtierenden Pokalsieger SC Magdeburg gefordert. Eine der schwersten Auswärtsaufgaben überhaupt - oder nicht? "Es gibt schlimmere Zeiten für den THW, nach Magdeburg zu kommen", sagt SCM-Trainer Bennet Wiegert. "Kiel ist nach den Problemen am Saisonbeginn mittlerweile sehr konstant." Im Gegensatz dazu hat der Pokal-Titelverteidiger eine Krise. Zwar liegen die Bördestädter in der Bundesliga einigermaßen im Soll (Rang sechs), doch gerade auswärts hapert es. Nach Niederlagen in Mannheim, Flensburg und Gummersbach sowie einem äußerst knappen Erfolg in Stuttgart setzte es am Sonnabend eine 24:34-Niederlage beim Aufsteiger GWD Minden. "So eine Rutsche trägt nicht zum Wohlfühlzustand bei, das ist ja klar", sagt Wiegert. "Wir haben jetzt eine Stimmung in der Mannschaft, die nicht so schön ist. Das Team spürt auch den Gegenwind in der Stadt - ich bin gespannt, wie die Halle beim Spiel reagiert." Ist das Viertelfinale für den THW Kiel also Formsache? THW-Coach Alfred Gislason sieht das nicht so. "Magdeburg hat eine starke Mannschaft und gegen Topteams immer gut ausgesehen", sagt er. "Und eine Magdeburger Abwehr ist zu Hause etwas ganz anderes als auswärts." Seine Spieler teilen diese Einschätzung. "Wir müssen in der Abwehr konsequent und im Angriff konzentriert sein", sagt Kapitän Domagoj Duvnjak. "Schwächen wird uns Magdeburg nicht verzeihen." Auch Rune Dahmke ist eher skeptisch. "Man kann sich Schöneres vorstellen, als in Magdeburg spielen zu müssen", sagt er. "Die Halle ist immer da, die Fans extrem laut. Magdeburg spielt gegen uns immer sehr gut, sie haben keinen Druck." Dahmke selbst ist gestern aufgrund der Folgen seiner Sprunggelenksverletzung nicht mit nach Magdeburg gereist. So wird Neuzugang Raul Santos erneut Alleinunterhalter auf Linksaußen sein. Keine leichte Aufgabe, im Champions-League-Spiel gegen die Kadetten Schaffhausen war der Österreicher kaum ins THW-Spiel eingebunden. "Unser Spiel ist eben sehr zentral, zur Mitte gezogen", erklärte Santos, "das ist o.k. für mich." Sein Landsmann Nikola Bilyk ist nach Achillessehnenreizung wieder mit von der Partie. Die Bilanz liefert Argumente für beide Seiten. Die Zebras gewannen von acht Pokalspielen fünf, drei der vier Auswärtsspiele gingen aber verloren. Das letzte Mal liegt allerdings auch schon 20 Jahre und neun Monate zurück, im Januar 1996 verlor der THW mit 19:23 in Magdeburg, der SCM wurde später Pokalsieger. Mit dabei: auf Kieler Seite der heutige Betreuer Michael Menzel, für den SCM der heutige Sportliche Leiter Steffen Stiebler. In der Bundesliga verlor der THW von den letzten drei Spielen in Magdeburg zwei, darunter auch das 28:29 im Mai dieses Jahres, das die letzte Chance auf den Meistertitel zunichte machte. War es nie so leicht, in Magdeburg zu gewinnen? "Es wird ein sehr schwieriges Spiel", sagt Gislason. "Die Abwehr und Torhüter sind der Schlüssel, und wir dürfen im Angriff nicht überhastet sein und müssen uns gut bewegen." Und wie sieht das auf der Gegenseite aus? "Ich habe einen Plan", sagt SCM-Coach Wiegert. "Aber es müssen viele Sachen greifen, damit er klappt. Wahrscheinlich entscheidet eher der THW, ob wir eine Chance haben oder nicht." Immerhin kann der Gastgeber personell beinahe aus dem Vollen schöpfen, in der mit Olympiasieger Mads Christiansen, dem Schweden Daniel Pettersson und Norwegens Nationalspieler Christian O’Sullivan vor der Saison sinnvoll ergänzten Mannschaft gibt es keine Verletzten. Lediglich Torhüter Dario Quenstedt fehlt nach seiner Roten Karte beim Desaster in Minden. In einem K.o.-Spiel kann viel passieren. Es werden verdammt lange 60 Minuten", sagt Wiegert. Vielleicht werden es sogar mehr? "Dann hätten wir schon viel geschafft", meint die SCM-Vereinslegende. "Aber wenn wir was Spiel lange offenhalten - warum sollte es für uns in der Crunchtime dann nicht funktionieren können?" Genau das will der THW verhindern. "Wir wollen nach Hamburg - und das müssen wir ab der ersten Minute jedem klar machen", sagt Duvnjak. (Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 26.10.2016)