KN: Nicht mit Ruhm bekleckert
Ludwigshafen. Geglückter Start in die neue Saison der Handball-Bundesliga: Der THW Kiel hat sich am Sonntagmittag bei den Eulen Ludwigshafen mit 26:19 (13:11, siehe THW-Spielbericht) durchgesetzt, dabei aber nicht mit Ruhm bekleckert. Lukas Nilsson und Niclas Ekberg trafen jeweils sechsmal.
Nicht mit Ruhm bekleckert
Die Rollen im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim sind klar verteilt: Die Eulen-Fans singen fröhlich "Auf Ihr Brieder in die Palz", nehmen's in ihren roten "Abstiegskandidat #1"-T-Shirts mit Humor. Die Spieler laufen in pinkfarbenen Bein-Sleeves auf und sensibilisieren so mit dem Klinikum Ludwigshafen für das Thema Krebs-Vorsorge. Auf der anderen Seite hungrige Zebras, "alle ein bisschen nervös" (Lukas Nilsson) nach gefühlt ewig währender Vorbereitung inklusive Saison-Spätstart. Youngster Gisli Kristjánsson (Schulter) und Rechtsaußen Ole Rahmel (krank) haben die Reise an den Rhein nicht angetreten.
Nach 40 Sekunden scheitert Niclas Ekberg per Siebenmeter am jungen Stefan Hanemann im Friesenheimer Tor. Erster Treffer Kiel: sechste Minute. Zäh geht es los. Magnus Landin bekommt auf Linksaußen den Vorzug vor Rune Dahmke. Auch Sebastian Firnhaber, Marko Vujin, Andreas Wolff und Christian Dissinger werden an diesem Tag kaum oder gar nicht ins Geschehen eingreifen. Alfred Gislason hat einen klaren Plan. Bloß nicht ausgerechnet beim Abstiegskandidaten etwas dem Zufall überlassen. So kann sich Dissinger in seiner Heimat beispielsweise nicht zeigen. "Es tut mir leid für ihn, aber die anderen spielen momentan sehr gut, und ich kann ja nicht danach gehen, wer aus der Nähe kommt", wird Gislason nach dem Spiel sagen.
Ein Spiel, in dem der Gastgeber, der gerade so noch den Klassenerhalt gepackt hatte, offensiv, aggressiv, ruppig zu Werke geht. Die Eulen sind geladen, stürzen sich auf Zebras wie auf ihre Beute. Dennoch erarbeitet sich der Rekordmeister Wurfchancen en masse, bringt es bis zur Pause allerdings schon auf zwölf Fehlwürfe, weil Eulen-Keeper Stefan Hanemann einen wirklich guten Tag erwischt hat. In der Defensive greifen in der "neuen" offensiven 6:0-Deckung noch nicht alle Zahnräder ineinander. Die Halben Steffen Weinhold und Domagoj Duvnjak stehen hoch, stören das Angriffsspiel der Pfälzer, doch die Deckung hat noch „zu viele Löcher“ (Gislason). "Die Abläufe stimmten noch nicht ganz", so Abwehrchef Patrick Wiencek.
Licht und Schatten: Hier glänzt Schwede Nummer eins (Niclas Ekberg) als cleverer Einläufer, Verwerter, da sammelt Schwede Nummer zwei (Lukas Nilsson) Fahrkarten, trifft nur einmal bei fünf Versuchen bis zur Pause. Alfred Gislason wird den 21-Jährigen nach dem Spiel besonders aufgrund seiner Offensivleistung hervorheben und tut gut daran. Denn gleich vier der ersten sechs Tore im zweiten Abschnitt gehen auf sein Konto. Nilsson zieht jetzt - mit Nikola Bilyk und Steffen Weinhold neben sich – die Fäden, weiß zu glänzen. Ludwigshafen bleibt in der mit 2249 Besuchern nicht ganz ausverkauften Friedrich-Ebert-Halle bis zum 17:20 (43.) auf Tuchfühlung. Doch wo ist die "Eberthölle"? Eulen-Geschäftsführer Marcus Endlich zeigt sich zerknirscht: "Da muss noch mehr kommen. Ich bin enttäuscht."
17:20 (43.), 17:24 (52.) - die Partie ist entschieden, Friesenheim kann das Tempo des THW nicht mehr mitgehen, der hinten noch konsequenter zupackt, schnell umschaltet, die zweite Welle und schnelle Mitte stichhaltig einsetzt. THW-Co-Trainer Filip Jicha steht am Seitenrand und peitscht seine Spieler an. Die Deckung ist sein "Spezialgebiet" im Trainerstab, und nur zwei Gegentore in der Schlussviertelstunde sprechen eine deutliche Sprache. So endet das "unangenehme Spiel" (Patrick Wiencek) am Ende mit einem deutlichen Sieben-Tore-Sieg zum Auftakt der neuen Saison. Die Rhein-Neckar Löwen und ehemaligen Kieler Andreas Palicka und Gudjon Valur Sigurdsson aus dem benachbarten Mannheim waren übrigens auch da. Sie werden sich die Begegnung genau angeschaut haben. Löwen und Zebras gelten als Titelaspiranten. Zum direkten Duell kommt es am 13. Oktober.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 03.09.2018, Foto: Archiv/ Sascha Klahn)
Stimmen zum Sieg in den Kieler Nachrichten
Alfred Gislason, THW-Trainer, in den Kieler Nachrichten: Ich bin zufrieden mit dem Sieg. Am Anfang habe ich Nervosität bei meiner Mannschaft gesehen, die im Angriff zu viele klare Chancen nicht genutzt, teilweise schlechte Wurfentscheidungen getroffen hat. Positiv ist aber, dass meine Spieler sich vor der Pause in eine schlechte Situation bringen und danach eine starke Leistung zeigen. In der zweiten Halbzeit stand die Abwehr besser.
Benjamin Matschke, Eulen-Coach, in den Kieler Nachrichten: Als junger Trainer fühle ich mich geehrt, dass ich Alfred in seiner letzten Saison noch zweimal die Hand schütteln darf. Bis zum 17:20 haben wir ein tolles Spiel gemacht, danach Riesenprobleme bekommen. Wir haben noch Luft nach oben, aber die Halle auch. Wir brauchen die Emotionen von außen, das erwarte ich von den Fans.
Domagoj Duvnjak, THW-Kapitän, in den Kieler Nachrichten: Obwohl wir alle Profis sind, waren wir heute ein bisschen nervös. Die Vorbereitung war lang, jetzt wollten wir alle endlich wieder richtig Handball spielen. Das hat in der ersten Halbzeit nicht so gut geklappt. Im Angriff waren wir zu statisch, das war nach der Pause besser, als wir erfolgreich über zweite Welle und schnelle Mitte waren.
Miha Zarabec, THW-Spielmacher, in den Kieler Nachrichten: Das war heute noch weit weg von unserer besten Leistung. Wir waren nervös, die Bundesliga ist etwas anderes. Aber jetzt ist der Druck des ersten Spiels weg, Dienstag gegen Lemgo geht es schon wieder weiter. Dann müssen wir alles auf dem Feld zeigen. So eine erste Halbzeit wie heute dürfen wir nicht noch einmal zeigen.
Mathias Lenz, Eulen-Keeper, in den Kieler Nachrichten: Wir kennen unsere Rollen. Wir wollen die Favoriten ärgern, zeigen, dass wir zurecht in der Liga sind. Ich musste nicht lange überlegen, ob ich weitermache. Die jungen Spieler hören auf mich. Zum Schluss hat sich auch die individuelle Klasse der Kieler durchgesetzt, wir haben ein wenig den Faden verloren. Jetzt liegt der Fokus auf Minden, das ist vielleicht eher unsere Kragenweite.