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KN: Bitterer Abend für die Zebras

Bundesliga

KN: Bitterer Abend für die Zebras

Magdeburg. "Hier regiert der SCM", schallte es aus 6600 Kehlen in der Getec-Arena. Zu spüren bekam das gestern der THW Kiel, der in der Handball-Bundesliga mit 30:35 (16:18, siehe THW-Spielbericht) unterlag. Nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit auf hohem Niveau zerfiel der THW im zweiten Durchgang in seine Einzelteile und steht nun bereits mit vier Minuspunkten auf dem Konto da.

THW Kiel unterliegt in Magdeburg mit 30:35

Bei den weiterhin ungeschlagenen Magdeburgern erwischten die Zebras den besseren Start. In einem konzentrierten Angriff glänzte zunächst der Rückraum. Lukas Nilsson und Kapitän Domagoj Duvnjak brachten die Kieler mit 3:1 (6.) in Front. Früh blitzte aber auch die Magdeburger Stärke auf: Aus einer beweglichen Deckung heraus machten die Gastgeber sich stets so schnell auf den Weg zum THW-Tor, dass die Zebras sich kaum rechtzeitig sortieren konnten. Zwölf Minuten dauerte es, bis Rechtsaußen Daniel Pettersson mit einem Gegenstoß zum 6:6 ausglich. Nun war Magdeburg im Spiel, zumal auch Jannick Green zwei aufeinanderfolgende Kieler Angriffe entschärfte.

Auf der Gegenseite setzte THW-Torhüter Andreas Wolff seine Schutzbrille ab, die er aufgrund einer Einblutung im Auge nach einem Kopftreffer im Training trug („Ich wollte alles versuchen, um der Mannschaft zu helfen“). Doch auch er konnte nicht verhindern, dass die flinke Flügelzange, bestehend aus Matthias Musche und Pettersson, zuschlug und Magdeburg mit drei Toren in Front warf (11:8/18.). THW-Trainer Alfred Gislason beorderte Niklas Landin ins Tor. Doch auch der Däne war beeinträchtigt, nachdem er bei der Niederlage in Flensburg umgeknickt war und sich einen Bänderriss zugezogen hatte. Nach nur zehn Minuten war sein Einsatz wieder beendet.

In der Zwischenzeit hatten die Festspiele des Marko Bezjak begonnen. Der Slowene, der sich am vergangenen Sonntag beim Spiel gegen den Bergischen HC einen Finger ausgekugelt hatte, avancierte nach Gegenstoß-Verwerter Musche (9 Tore) mit acht Treffern zum zweitbesten SCM-Werfer, fand oder schuf stets eine Lücke in der Kieler Deckung.

Deren Schwächen konnte zunächst noch der Kieler Rückraum kaschieren, in dem Duvnjak, Nilsson, Nikola Bilyk und Steffen Weinhold rotierten. Sie hielten in Kooperation mit Hendrik Pekeler am Kreis den THW in Schlagdistanz. Kurz vor der Pause hatte der THW nach dem 17:16 durch Patrick Wiencek sogar noch die Chance auf ein Unentschieden. Der Ball landete in den Händen der Kieler Deckung, doch Piotr Chrapkowski fing den Gegenstoß-Pass ab. Im Gegenzug traf Musche für den SCM, und Pekeler, der den Gegenstoß verhindern wollte, bekam vom Schiedsrichtergespann Blümel/Loppaschewski eine Zeitstrafe aufgebrummt. Als er anschließend den Dialog mit den Unparteiischen suchte, gab es eine weitere wegen Meckerns. "Die erste war in Ordnung", sagte der THW-Kreisläufer später. "Die zweite nur peinlich."

Die vierminütige THW-Unterzahl nach Wiederanpfiff nutzten die Magdeburger, um sich in einen Rausch zu spielen. Mit einem 4:1-Lauf zogen sie auf 22:17 (35.) davon und waren fortan für die Kieler, die sich im Angriff in Einzelaktionen flüchteten, nicht mehr zu stoppen. Schon 20 Minuten vor Schluss nahm Gislason seine dritte und letzte Auszeit, die nach einer weiteren Green-Parade gegen Nilsson und Christian O'Sullivans 26:18-Führung verpuffte. Acht Tore Vorsprung für den SCM, eine Halle in Ekstase und hängende Schultern bei den Kielern, die verrieten: Hier geht nicht mehr viel. "Die Art und Weise, wie wir hier verloren haben, tut richtig weh", sagte Pekeler. "Hier und in Flensburg zu verlieren, ist kein Beinbruch. Aber in der zweiten Halbzeit war heute jeder von uns nur mit sich selbst beschäftigt."

(Von Tamo Schwarz und Merle Schaack, aus den Kieler Nachrichten vom 14.09.2018, Foto: Archiv/ Sascha Klahn)

Stimmen zum Spiel in den Kieler Nachrichten

Alfred Gislason, THW-Trainer, in den KN: Wir haben in der ersten Halbzeit zu viele technische Fehler gemacht, haben dem SCM zu viel Raum gegeben. Die spielen aus der Abwehr heraus überragende Gegenstöße, wir haben nicht geschafft, das zu stoppen. Die vier Minuten Zeitstrafe gegen Pekeler waren darüber hinaus sehr schmerzhaft. Wir haben nicht viel härter als der SCM gespielt, kriegen aber 7:1 Zeitstrafen.

Bennet Wiegert, SCM-Trainer, in den KN: Gefühlt finden wir schwer ins Spiel und lassen uns verrückt machen. Dann gelingen uns bis zur Pause elf Tempospieltore, und gut tut uns auch die doppelte Zeitstrafe gegen Pekeler. Das gibt uns und nimmt dem THW Sicherheit. Es war keine disziplinarische Entscheidung, Robert Weber nicht spielen zu lassen, sondern eine Entscheidung für Daniel Pettersson.

Viktor Szilagyi, Sportlicher Leiter THW Kiel, in den KN: Ich bin enttäuscht, aber die Niederlage ist verdient. Vieles konnten wir heute nicht umsetzen. So viel haben unsere Werfer zum Teil gar nicht falsch gemacht, aber Jannick Green im Tor des SC Magdeburg zeigt eine fantastische Leistung. Wir haben zu viel über Tempogegenstöße und zweite Welle kassiert und uns zu viele technische Fehler geleistet.

Miha Zarabec, THW-Spielmacher, in den KN: Es war das Gleiche wie vor sechs Monaten: Wir finden von Anfang nicht unsere beste Leistung in der Abwehr. Aber wenn du so ein schweres Spiel gewinnen willst, musst du perfekt spielen. Wir aber waren defensiv richtig schlecht, 35 Gegentore sind einfach zu viel. Im Angriff kamen dann auch noch zu viele dumme Kleinigkeiten hinzu.

Marko Bezjak, SCM-Rückraumspieler, in den KN: Ob ich mehr vom THW Kiel erwartet habe? Wir waren einfach so stark, dass sie nicht gut aussehen konnten. Eigentlich müssen wir meiner Meinung nach auch schon zur Pause mit fünf, sechs Toren führen. Die doppelte Zeitstrafe gegen Pekeler - das muss man zugeben - war der Knackpunkt im Spiel. Die 10:0 Punkte sind aber noch kein Märchen.