KN: Warten auf Duvnjak
Kiel. Ernüchterung beim deutschen Handball-Rekordmeister THW Kiel. Ein stabiler Titelkandidat - das hat das 26:29 gegen RK Celje am Sonntag offenbart - werden die Zebras in dieser Saison nicht mehr. Besonders einer fehlt an allen Ecken und Enden: Kapitän Domagoj Duvnjak. Erst im Dezember wird der 29-jährige Kroate, so die Prognose der Ärzte, wieder auf dem Feld stehen. Gleiches gilt für Führungsspieler Steffen Weinhold, der mit einem im Spiel beim TVB Stuttgart zugezogenen Muskelfaserriss in der rechten Wade drei bis vier Wochen pausieren muss. Am Sonntag agierte die Mannschaft des THW derweil kopflos, nicht in der Lage, dem Druck standzuhalten.
Kapitän erst im Dezember zurück
"Es ist extrem wichtig, dass Dule (Domagoj Duvnjak, d. Red.) zurückkommt", sagte THW-Coach Alfred Gislason und meint damit nicht nur Duvnjaks Rolle als Leader, Kopf der Mannschaft, sondern insbesondere auch "seine Qualität als Spieler". Denn besonders auf der halblinken Position im Rückraum - neben Duvnjak mit Nikola Bilyk, Lukas Nilsson und Christian Dissinger vermeintlich luxuriös besetzt - krankt das Kieler Spiel. "Nilsson und Bilyk spüren offenbar zu großen Druck, jetzt liefern zu müssen. Und Dissinger ist im Angriff noch nicht da, wo er vor eineinhalb Jahren war", so Gislason. Zudem konnte der Slowene Miha Zarabec die durch den Ausfall des THW-Kapitäns entstandene Lücke in der Rückraum-Mitte bisher nicht so ausfüllen, wie er es in der Saisonvorbereitung angedeutet hatte.
Also alles wieder gut, wenn Duvnjak im Dezember wieder ins Team zurückkehrt? Es ist nicht zu erwarten, dass der Welthandballer von 2013 ab Dezember im Alleingang aus einer (jetzt schon) verkorksten eine erfolgreiche machen wird. "Wir rechnen bei Dule mit Spielanteilen im Dezember. Zehn Minuten pro Halbzeit ist dann erst einmal eine realistische Erwartung. Wir wollen keinen Rückschlag und erneuten Ausfall riskieren", sagte THW-Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries am Montag gegenüber den Kieler Nachrichten. Mitte April war Duvnjak an der überbeanspruchten und chronisch entzündeten Patellasehne im linken Knie operiert worden. Ende November soll ein finaler Belastungstest letzte Aufschlüsse über den Erfolg von Heilung und Aufbautraining liefern. Schon im Januar steht dann in Kroatien die Europameisterschaft (12.-28. Januar) auf dem Programm. Die Heim-EM wird sich der Kroate - zuletzt Kapitän der Nationalmannschaft und nationaler Held einer ganzen Sportart - nicht nehmen lassen. "Natürlich ist die EM in meiner Heimat etwas Besonderes für mich. Aber ich will jetzt einfach nur schnell wieder zurück sein, dem THW helfen. Darum arbeite ich jeden Tag hart", sagte Duvnjak. Schon Anfang November hatte der Kroate auf eine Rückkehr gehofft, war dann doch noch nicht so weit. "Bei einigen Bewegungen habe ich noch Schmerzen, die Oberschenkelmuskulatur muss noch stärker werden."
Zweimal täglich schindet sich Duvnjak darum für sein Comeback - einmal an den Fitnessgeräten und einmal in der Handball-Halle im Einzeltraining mit dem ehemaligen THW-Co-Trainer Jörn-Uwe Lommel, der eigens dafür seit einer Woche in Kiel weilt. "Die letzte Woche war super, ich fühle mich richtig gut. Nicht so leicht ist es allerdings, die Spiele von außen ansehen zu müssen. Von der Tribüne aus sieht alles ganz anders aus. Die Niederlage gegen Celje darf so einfach nicht passieren." Dennoch, abgeschrieben habe Duvnjak die Saison trotz bereits neun Minuspunkten in der Bundesliga nicht: "Ja, es ist richtig schwer und sieht nicht gut aus. Aber wir haben trotzdem erst November und noch viele Spiele vor uns."
Ein bisschen länger als Duvnjak und Weinhold wird sich Linksaußen Raul Santos (Außenmeniskus und Knorpelschaden) gedulden müssen. Der Ende Mai am linken Knie operierte Österreicher wird vor der EM-Pause im neuen Jahr definitiv nicht in den Zebra-Kader zurückkehren.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 14.11.2017, Foto: Archiv/Sascha Klahn)