DHB-Team mit deutlichem Sieg im letzten WM-Test
Deutschland ohne Gensheimer, aber mit Glandorf
Große Bilyk-Show
DHB-Team dreht auf
Frühe Entscheidung
Mission WM-Medaille startet am Mittwoch
Statistik: Deutschland - Österreich 33:16 (17:11)
Österreich: Bauer, Aleksic; Herrmann, Bozovic (4), Frimmel (1/1), Klopcic, Bammer, Zeiner, Schopf, Jelinek (1), Breg, Schiffleitner, Bilyk (8), Wagner, Santos (1/1), Neuhold (1), Kirveliavicius
Zuschauer: 4300 in der ausverkauften Rothebach-Halle (Kassel)
Schiedsrichter: Immel/Klein (Deutschland)
Siebenmeter: 3/2:4/3 (Reichmann scheitert an Aleksic – Frimmel verwirft)
Zeitstrafen: 0:2 Minuten (Wagner)
Spielverlauf: 2:2 (5.), 2:5 (8.), 6:6 (15.), 10:7 (21.), 14:9 (25.), 17:11; 19:11 (34.), 21:11 (37.), 25:12 (44.), 27:14 (49.), 29:14 (54.), 33:16.
KN: "Bad Boys" in WM-Laune
Kassel. Same procedure as last year: Am 9. Januar 2016 hatte sich die deutsche Handball-Nationalmannschaft mit einem 26:25 gegen Island in Kassel in Stimmung für die Europameisterschaft in Polen gebracht. Der Rest war: Titelgewinn, Wintermärchen, Handball-Euphorie, Geschichte. An diesem Montag, es war der 9. Januar 2017, brachte sich die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson in Stimmung für die Weltmeisterschaft in Frankreich, deren Startschuss am Mittwoch fällt - wieder in der Kasseler Rothenbach-Halle, wieder mit einem Sieg. Für Österreich geriet das 33:16 (17:11) der "Bad Boys" vor 4300 Zuschauern zur Blamage. Generalprobe mit Stotterstart: Nach acht Minuten liegen die Österreicher mit 5:2 vorn. Auch Zebra Raul Santos ist mit dabei ("Ich wollte im Rhythmus bleiben"), reist heute zurück zum THW. Halbzeit eins mutet an wie Deutschland gegen Nikola Bilyk. Kiels Rückraum-Youngster ist der einzige Austria-Lichtblick, erzielt sieben seiner acht Tore in Halbzeit eins, guckt Teamkamerad Andreas Wolff aus, den das gehörig nervt. Ein Bilyk reicht allerdings nicht, und als die deutsche 6:0-Deckung nach zehn Minuten mit THW-Führungskraft Patrick Wiencek und Finn Lemke im Mittelblock endlich steht, nimmt der Tempo-Express des Deutschen Handballbundes so richtig WM-Fahrt auf. "Die 6:0 passt, aber wir haben uns für die WM noch jede Menge mehr einfallen lassen", sagt Wiencek. Das deutsche Spiel stabilisiert sich aber auch in Windeseile, weil der Flensburger Holger Glandorf nach zehn Minuten sein Comeback feiert. Glandorf macht in seinem 168. Länderspiel - das erste seit Juni 2014 - seine Tore 577 bis 579, deutet seine Klasse an, könnte in Frankreich zum Joker in Dagur Sigurdssons Ärmel werden. Unerwartet robust, aktiv, aggressiv zeigen sich auch die deutschen Spielmacher. Nach dem Rücktritt von Martin Strobel und dem Ausfall von Steffen Weinhold bekommt Simon Ernst viele Spielanteile, wird später vom präsenten Steffen Fäth abgelöst. In der Abwehr-Mitte testet Sigurdsson auch die Optionen Wiencek mit Julius Kühn oder Lemke mit Kühn, ohne merkliche Reibungsverluste. "Wiencek/Lemke sind meine erste Aufstellung, aber wir müssen sehen, was in Rouen passiert", sagt der Isländer. Der Bundestrainer tat gut daran, das WM-Casting vor dem Österreich-Spiel zu beenden. Die Mannschaft spielt befreit auf, auch wenn THW-Linksaußen Rune Dahmke als Alleinunterhalter in Abwesenheit von Kapitän Uwe Gensheimer viel Wurfpech hat. "Die WM war mein Ziel, und jetzt ist es soweit", sagt der 23-Jährige strahlend vor seiner ersten WM. Dahmkes 22:12 (39.) bringt Deutschland mit zehn Toren in Führung, die Deckung, die während der zweiten 30 Minuten insgesamt nur fünf österreichische Tore zulässt, verdient sich jetzt das Prädikat Weltklasse. Gelegenheit für den deutschen Trainerstab, zu rotieren, Spielzeit, Selbstvertrauen, gute Gefühle in großen Portionen zu verteilen. Silvio Heinevetter kommt für den gut aufgelegten Andreas Wolff (45.), Niclas Pieczkowski und der bullige Kreisläufer Jannik Kohlbacher können aufregende Akzente setzen, Patrick Wiencek, der die Mannschaft als Kapitän auf das Feld geführt hat, zeigt auch seine Offensiv-Klasse. Trotzdem sagt Löwen-Rechtsaußen Patrick Groetzki nach 60 Minuten: "Das war kein Gradmesser." Und auch Steffen Fäth betont: "Das war ein Muster ohne Wert." Gut, dass es einen Andreas Wolff gibt, der sich schon bei der WM unbeirrbar in seinem Selbstbewusstsein gezeigt hatte. "Das war doch heute eine Augenweide", sagt der 25-Jährige. "Meine Maxime ist es, dass ich dieses Turnier gewinnen will. Die Mannschaft hat das Zeug, Weltmeister zu werden." (Von Timo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten, vom 09.01.2017)