Zwei Verlängerungen, ein Debüt und zwei Punkte: Perfekter Jahres-Heimabschluss

Bundesliga

Zwei Verlängerungen, ein Debüt und zwei Punkte: Perfekter Jahres-Heimabschluss

Was für ein emotionaler Abschluss des Heimspiel-Jahres 2024 beim THW Kiel: Eingerahmt von den beiden Vertrags-Verlängerungen von Kapitän Domagoj Duvnjak und Abwehrchef Hendrik Pekeler musste der noch immer ersatzgeschwächte THW Kiel gegen den frechen Aufsteiger SG BBM Bietigheim noch einmal an die Schmerzgrenze gehen. Nach einer engen ersten Halbzeit stellten die Zebras mit einem starken Andreas Wolff, der 19 Bälle aufhielt, einem kaltschnäuzigen Bence Imre, der mit 9/1 Treffern bester Torschütze war, und einer bärenstarken Rückraumreihe aus Eric Johansson, Duvnjak und Madsen die Weichen schnell auf Sieg. Am Ende feierten die 10285 Fans in der ausverkauften Wunderino-Arena nicht nur den 38:29 (19:18)-Sieg der Kieler und die Vertrags-Verlängerungen, sondern auch noch das Bundesliga-Debüt des 19-jährigen Jung-Torhüters Leon Nowottny, der in den letzten Minuten zum Einsatz kam. 

Antreiber Dule sorgt am Ende für einen Jubelsturm

Die Zebras feierten mit ihren Fans wettbewerbsübergreifend den neunten Sieg in Folge und festigten einen vorderen Rang in der DAIKIN Handball-Bundesliga. Weihnachten darf kommen für die Zebras, die sich nach der Partie gutgelaunt und in der jeweiligen Landessprache in gewohnter Tradition mit Weihnachtsgruß und guten Wünschen für das Neue Jahr von ihren Fans verabschiedeten. Zuvor hatten die Vertragsverlängerungen für Jubel gesorgt. Pekeler und Duvnjak wurden gefeiert. "Dule" war auch gegen Bietigheim - wie zuletzt in allen THW-Spielen -  überragender Regisseur, Antreiber, Kopf der Abwehr und zudem vierfacher Torschütze.

Kieler Fehlstart nach eindrucksvoller Schweigeminute

Das letzte Heimspiel des Jahres bestritten die Kieler erneut ohne ihre drei Leistungsträger, Harald Reinkind (Ellenbogen, Ferse), Nikola Bilyk (Oberschenkel) und Hendrik Pekeler (Daumenbruch). Zudem plagt sich Tomas Mrkvak mit einem Infekt herum, weshalb Leon Nowottny ebenfalls in den Kader rückte. Die Gäste mussten auf Torjäger Tom Wolf verzichten, der sich vor wenigen Tagen die Hand gebrochen hatte. Vor der Partie war in einer eindrucksvollen Schweigeminute der Opfer der furchtbaren Ereignisse in Magdeburg gedacht worden. Auf dem Feld schüttelte der Aufsteiger diesen Moment aber schnell ab: Bietigheim unterstrich von Beginn an, warum es einen Punkt in Hannover geholt hatte, auch bei MT Melsungen nur denkbar knapp unterlegen war. Kiel erlaubte sich - wie schon im Pokalhit gegen Gummersbach - einen Fehlstart gegen die aggressive und schnellbeinige Gästeabwehr, lag nach sechs Minuten durch zwei Tore von Strosack und den Treffen von de la Pena und Claus mit 1:4 zurück.

Knappe Kieler Pausenführung

Emil Madsen hatte das zwischenzeitliche 1:2 erzielt. Aber das Team von Trainer Iker Romero mischte weiterhin munter mit, behielt die Führung, lag nach zehn Minuten mit 6:4 vorne. Dann erzielte Madsen per Doppelschlag erstmals den Ausgleich. Schon zu diesem Zeitpunkt war Wolff ein starker Rückhalt, hielt den Rückstand mit Glanzparaden in Grenzen. Petter Överby glich erneut zum 7:7 aus, Imre und Duvnjak vollendeten den folgenden 3:0-Lauf der Zebras dann zur 9:7-Führung. Filip Jicha ärgerte sich derweil mehrfach zurecht über fragwürdige Pfiffe des Schiedsrichtergespanns, kassierte nach 16 Minuten die Gelbe Karte. Bietigheim aber blieb der erwartet unangenehme Gegner, glänzte mit Tempospiel, blieb weiter auf Augenhöhe mit den Kielern, die zwar im Angriff überzeugten, in der Abwehr aber keinen Zugriff bekamen: In der 26. Minute folgte die Quittung. Julis Kühn brachte Bietigheim erstmals wieder in Führung, traf aus dem Rückraum zum 16:15. Zeit für eine THW-Auszeit. Jicha fand die passenden Worte: Nach dem Treffer von Johansson quer übers gesamte Feld ins leere Gästetor lagen die Zebras vorn. 19:18.

Paraden und Tempo

Halbzeit zwei stand dann zunächst im Zeichen von Andreas Wolff, der nacheinander freie Bälle von Fischer und Kühn abwehrte, mit seinen Paraden die Basis für die dann schnelle 25:20-Führung in der 37. Minute legte. Johansson schloss ein großartiges Laufspiel im Rückraum mit Madsen und Duvnjak zum 22:20 ab, Imre krönte einen fabelhaften Tempogegenstoß mit seinem Trickwurf zum 23:20, ließ ein weiteres Tempo-Tor folgen. Johansson warf zum 25:20 ein. "Unser Rückzugsverhalten in der zweiten Halbzeit war deutlich besser. Das hatten wir in der Halbzeit besprochen und dann auch umgesetzt. Wir haben das gegnerische Tempospiel erfolgreich unterbunden", erklärte Rune Dahmke. "Das war ein wichtiger Schlüssel zu unserem Sieg."

Am Ende steht ein Kieler Kantersieg

Duvnjak blieb der unermüdliche Antreiber, war selbst erfolgreich oder legte seinen Mitspielern auf. Överby profitierte am Kreis, brachte sein Team in der 43. Minute auf 28:22 nach vorn. Madsen zeigte sich in Torlaune, Bence Imre war nicht zu bremsen. Die THW-Fans hatten ihren Spaß am kämpferischen wie spielerisch starken Auftritt ihrer Mannschaft, feierten ihre Zebras.  Das setzte noch einmal Energien frei - allen voran bei Andreas Wolff, der sich zur Wand aufbaute, dem Gegner mit Doppelparaden, gehaltenen Tempogegenstößen und weiteren Glanzparaden den Spaß verdarb. Madsen und Imre sorgten in der 51. Minute schließlich für die Vorentscheidung, waren mit Tempo in der zweiten Welle zur 33:25-Führung verantwortlich. "Dule" hatte dann auch Feierabend, Filip Jicha schickte den Nachwuchs auf die Platte. Elias Ellefsen á Skipagötu mischte längst mit, Linus Kutz kam, Henri Pabst auch. Und in der 56. Minute feierte auch der junge Leon Nowottny sein Bundesliga-Debüt im THW-Tor, steuerte gar noch zwei Paraden zum umjubelten 38:29 bei.   

Letzte Partie des Jahres am zweiten Weihnachtsfeiertag

Nach dem letzten Heimspiel des Jahres ist vor Heiligabend, Weihnachten und der letzten Begegnung in 2024: Am ersten Weihnachtsfeiertag trifft sich die Zebraherde zum Abschlusstraining, am 26. Dezember geht es früh morgens mit dem Bus nach Lemgo. Dort wartet um 17:30 Uhr in der ausverkauften Phoenix Contact Arena die letzte brutal schwere Aufgabe 2024 auf die Kieler Rumpftruppe. Der TBV Lemgo Lippe ist heiß darauf, den Zebras ein Bein zu stellen. Dyn  überträgt die Partie live. Weiter geht’s in Lemgo, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

DAIKIN Handball-Bundesliga, 16. Spieltag: THW Kiel - SG BBM Bietigheim: 38:29 (19:18)

THW Kiel: Nowottny (56.-60., 2 Paraden), Mrkva (n.e.), Wolff (1.-56., 19/1 Paraden); Duvnjak (4), Landin, Överby (5), Wiencek (5), Pabst, Johansson (6), Dahmke (1), Zerbe (n.e.), Kutz, Madsen (7), á Skipagötu (2), Imre (9/1); Trainer: Jicha
SG BBM Bietigheim: Genz (41.-60., 3 Paraden), Rebmann (1.-41., 8 Paraden); Vlahovic (1), Kühn (4), Claus (6), de la Pena (2), Nicolaus, Wiederstein (1), Perez Arce (2/1), Barthe (1), Strosack (4), Pfeifer, Fischer (5), Hermann (3), Hejny; Trainer: Romero

Schiedsrichter: Lucas Hellbusch / Darnel Jansen
Zeitstrafen: THW: 2 (2x Wiencek (30., 40.)) / SG BBM: 1 (Nicolaus (39.))
Siebenmeter: THW: 1/1 / SG BBM: 2/1 (Wolff hält Perez Arce, der den Nachwurf verwandelt (54.))
Spielfilm: 0:2, 1:4 (6.), 3:4 (8.), 4:6 (10.), 6:6, 6:7, 9:7 (16.), 9:9 (17.), 12:12 (21.), 14:12 (23.), 14:14, 16:17 (27.), 18:17, 19:18;
2. Hz: 20:18, 21:20 (35.), 25:20 (37.), 27:21 (41.), 28:23 (43.), 31:23 (48.), 33:25 (51.), 34:28 (56.), 37:28, 38:29.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr zufrieden heute. Es war eine sehr emotionale Woche, und wir haben Bietigheim genauso erwartet, wie die SG BBM heute gespielt hat. Sie haben uns in der ersten Hälfte mit ihrer zweiten Welle, die sie genauso spielen wie wir, vor Aufgaben gestellt. Wenn man es so will, haben sie uns mit unseren eigenen Waffen geärgert. In der zweiten Hälfte ist es uns dann gelungen, dies zu stoppen. Zuvor habe ich in der Pause an die Geduld meiner Spieler appelliert, dann konnte Andi ein paar Bälle halten, und wir haben davon profitiert. Ich bin auch sehr zufrieden damit, wie schlau und clever wir im Angriff gegen die spanische 6-0-Abwehr der Bietigheimer agiert haben. Wir wussten, welche Räume wir nutzen wollten – und wir haben sie genutzt. Trotzdem mussten wir alles reinhauen, denn Bietigheim hat das gezeigt, was sie so stark und auch sympathisch macht. Ich möchte jedem einzelnen Zuschauer frohe Weihnachten und einen ruhigen Rutsch ins Jahr 2025 wünschen. Auf unsere Jungs wartet am zweiten Weihnachtstag eine ordentliche Herausforderung in Lemgo, wo wir schon einige negative Erfahrungen machen mussten. Dort müssen wir mindestens genauso eine Leistung abrufen wie gegen Gummersbach und Bietigheim in der zweiten Hälfte. Wir werden am 25. Dezember ein intensives Abschlusstraining haben und dann die Aufgabe in Lemgo mit aller Bodenständigkeit und Demut angehen.

SG BBM Trainer Iker Romero: Glückwunsch an Filip und den THW Kiel zu diesem verdienten Sieg. Für meine Jungs und unseren Club war es eine unglaubliche Erfahrung, in dieser einmaligen Atmosphäre, in dieser Halle zu spielen. Ich bin stolz darauf, wie wir uns hier präsentiert haben. Wir haben eine sehr, sehr gute erste Halbzeit gespielt, haben mit Mut, Tempo und cleveren Lösungen im Angriff gespielt. Statt eines Ein-Tore-Rückstandes hätten wir auch mit einer Führung in die Pause gehen können. Auch in der zweiten Halbzeit bleibt mein Kompliment an meine Mannschaft. Andi Wolff hat allerdings sehr viele Eins-gegen-Eins-Situationen gehalten, das hat für schnelle Gegentore gesorgt. Das war ein großer Unterschied zur ersten Hälfte, der zweite war die Kraft. Je mehr die Kraft runter ging, desto höher wurde die Quote technischer Fehler. Dann setzte sich die Qualität durch, die in Kiel für sich spricht. Aber: Es war ein super Auftritt hier, und ich bin stolz, wie meine Jungs arbeiten.