KN: 43 + 39 = Achtelfinale
Baunatal. Die Zebras waren schon mal da: Oktober 2006, 43:29-Pokalsieg gegen die HSG Gensungen/Felsberg. Neunmal Nikola Karabatic. Omeyer, Fritz, Andersson im Tor. Die Rundsporthalle Baunatal bleibt ein gutes Pflaster für den Handball-Rekordpokalsieger THW Kiel. Am Wochenende lösten die Kieler im "First Four"-Erstrundenturnier in Hessen zwei Pflichtaufgaben mit Bravour und zogen souverän ins Achtelfinale ein.
Der THW Kiel präsentiert sich beim "First Four" in Baunatal zweimal in Torlaune
Sonnabend, Handball-Fest für den Gastgeber, Drittligist GSV Eintracht Baunatal. Spiel des Jahres, 1390 Zuschauer sind gekommen, die Halle ist ausverkauft. Endstand: 43:23 (19:13). Klingt deutlich, aber erst einmal reiben sich die Fans die Augen. Denn der Gastgeber (THW-Trainer Filip Jicha: "Sie waren heiß bis in die Haarspitzen") legt alle Härte in die Partie und bietet dem übermächtigen THW bis zum 10:10 (17.) gehörig Paroli.
Jicha ("Wir treffen am Anfang ein paar schlechte Entscheidungen in der Abwehr, die nicht passieren dürfen") wechselt planmäßig große Teile seiner Belegschaft nach einer Viertelstunde aus, beobachtet, wie die Maschine THW mit zunehmender Spieldauer in Wallung gerät. Beim 24:14 (35.) ziehen die Kieler erstmals auf zehn Tore davon, Rune Dahmke - mit acht Toren bester Schütze des Tages - kann als Profiteur des Kieler Tempospiels immer wieder glänzen. "Endlich geht es richtig los. Ich bin glücklich, wenn ich fünf-, sechs-, siebenmal Gegenstöße laufen kann und die Jungs an einem Wochenende mit zwei Spielen nicht mitlaufen müssen. Mir macht das nichts aus", so Dahmke nach Spielschluss. So einfach ist das.
Am Ende geht den Baunatalern ganz schön die Puste aus, was die Laune von Kreisläufer Felix Rehberg allerdings nicht verhagelt: "Das hat mega, mega viel Spaß gemacht gegen die Stars, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Es war aber ein wunderschönes Event." Auch GSV-Trainer Matthias Deppe ist "hochzufrieden" mit seiner Mannschaft. "Wir sind stolz, dass wir die Kieler hier empfangen konnten. Es war ein sehr faires Spiel."
Sonntag, das Finale dieses Miniturnieres. Mit 35:33 (19:15) hatte der TV Emsdetten den Zweitliga-Absteiger Dessau-Roßlauer HV ausgeschaltet. Emsdetten - da war doch was? Genau! Daniel Kubes als Trainer. Das Ex-Zebra ist eng mit Filip Jicha befreundet. Der sagt: "Wir waren bei der Auslosung zusammen in Tschechien im Urlaub auf dem Golfplatz. Ich hätte am liebsten nicht gegen ihn gespielt, weil wir so eng befreundet sind."
Nützt aber nichts, das Spiel muss gespielt werden und endet 39:23 (24:12) für den THW. Anders als noch am Vortag sind die Kieler gegen den Zweitliga-14. der Vorsaison von der ersten Sekunde an hellwach, fokussiert. Steffen Weinhold mit fünf Toren in den ersten elf Minuten, konsequentes Tempospiel und sehenswerter Ideenreichtum im Positionsangriff sorgen bis zum 19:9 (25.) schnell für klare Verhältnisse. Das macht Filip Jicha "wirklich super Laune".
Jicha rotiert, beordert nach Wiederanpfiff mit Dario Quenstedt im Tor, Nilsson, Rahmel, Zarabec und Horak gleich fünf frische Kräfte auf das Feld. Ein Bruch im Kieler Spiel? Fehlanzeige! Mit noch mehr Tempo, Umschaltspiel und schneller Mitte (Dahmke: "Schön anzusehen") wird beim zwischenzeitlichen 30:13 (40.) ein echter Klassenunterschied sichtbar. "Wir konnten einfach nicht mithalten", gesteht auch Daniel Kubes ein. "Aber mich hat gefreut, dass meine Spieler nicht aufgegeben haben und das Spiel genießen konnten. Für sie war es fantastisch und vielleicht die einzige Chance, einmal gegen den THW zu spielen." Besonders Ole Rahmel, mit fünf Treffern neben Hendrik Pekeler (6) und Steffen Weinhold (5) bester Kieler Schütze am Sonntag, kann sich nach der Pause als gewiefter Einläufer und Gegenstoß-Verwerter und sogar von der Siebenmeter-Linie auszeichnen. Dort zeigt sich dann auch der einzige Makel eines ausgezeichneten Pokal-Wochenendes: Gleich dreimal scheitert der THW per Strafwurf. Jicha zieht dennoch ein "positives Fazit". "Ich habe meiner Mannschaft gratuliert. Die Einstellung hat gestimmt, alle haben die Aufgabe angenommen nach den Tests gegen Barcelona und Paris gegen einen Zweitligisten, der eine brutale Abwehr stellen muss."
"Wir haben unseren Job gemacht", sagt Linkshänder Harald Reinkind, der am Sonnabend seinen 27. Geburtstag mit einer "kleinen Torte zum Frühstück" gefeiert hat und nun mit einem "guten Gefühl" in die Saison geht. Am Mittwoch wird in Düsseldorf am Rande des Supercups das Achtelfinale (1./2. Oktober) ausgelost. "Wir freuen uns immer über ein Heimspiel. Im letzten Jahr hatten wir zwei tolle Heimspiele auf dem Weg nach Hamburg. Dort wollen wir wieder hin", sagt THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi.
 (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 15.08.2019, Foto: Sascha Klahn)