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KN: Wie der neue THW-Sponsor "star" tickt
Elmshorn/Kiel. So wie der THW ein Handball-Riese ist, so darf man von einem Wirtschafts-Riesen sprechen, den der Kieler Rekordmeister als neuen Hauptsponsor gewonnen hat.
Achtgrößter Tankstellenbetreiber in Deutschland
Denn hinter der Tankstellenmarke Star unter dem Dach der Orlen Deutschland GmbH (Elmshorn) steht mit einem Umsatz von 26 Milliarden Euro, gut 20 000 Beschäftigten und 2700 Tankstellen einer der größten Konzerne Osteuropas: die polnische Mineralölgesellschaft PKN Orlen SA (Plock), eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die zwar mehrheitlich in Streubesitz ist, an der der polnische Staat jedoch 26 Prozent der Anteile hält - und demzufolge auch ein wichtiges Wörtchen mitzureden hat.
Orlen hatte 2003 eine Elefantenhochzeit in der deutschen Mineralölbranche als Chance genutzt, um auf dem größten Tankstellenmarkt Europas Fuß zu fassen. Von BP übernahmen die Polen für 140 Millionen Euro fast 500 Tankstellen der Marken Aral, BP und Eggert Mineralöl. Der Deal gehörte zu den Auflagen des Kartellamtes für die Genehmigung der Fusion von BP und Aral.
Anfangs noch versuchte Orlen, mit dem sogenannten "Nordpaket" an Tankstellen eine Doppelstrategie zu fahren. Während das Star-Label vor allem preisbewusste Kunden anlocken sollte, sollte unter der Marke Orlen ein Tankstellennetz etabliert werden, das den sogenannten A-Marken wie Shell, Aral, Esso oder Total Marktanteile abspenstig machen sollte.
Doch die Rechnung ging nicht auf - auch, weil Vorurteile gegenüber der Kraftstoffqualität den Aufbau einer Premium-Marke belasteten, vor allem aber, weil wenige große Player mit gigantischem Marketingbudget und engmaschigem Netz den Markt im Premium-Segment seit jeher unter sich aufteilen. Hinzu kam, dass ein gigantischer Investitionsstau bei vielen der übernommenen Tankstellen Orlen Deutschland in die roten Zahlen drückte. So entschieden sich die Polen relativ schnell für einen Strategieschwenk und flaggten alle Tankstellen auf die Marke Star um, die das Segment der preisaggressiveren B-Marken wie Avia, Jet (Conoco) oder Hem (Tamoil) aufmischen sollte. 2007 schließlich erwirtschaftete Star erstmals schwarze Zahlen.
Unternehmensgründung und Markteintritt standen damals ganz im Zeichen der angestrebten EU-Mitgliedschaft Polens. Und so war die Eröffnung der ersten Orlen-Tankstelle in Deutschland (Berlin) - einen Tag vor dem EU-Referendum in Polen im Juni 2003 - ein politischer Akt, bei dem auch Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und dessen damaliger Amtskollege Jerzy Hausner dabei waren. Polen ist wirtschaftlich stark und bereit für die EU – so lautetet die Botschaft.
Heute gehören - vor allem in der Nordhälfte der Republik - insgesamt rund 570 Tankstellen zu Orlen Deutschland. Damit rangiert das Unternehmen mit Firmenzentrale in Elmshorn (140 Mitarbeiter) bei einem Marktanteil von sechs Prozent auf Platz acht der Tankstellenbetreiber in Deutschland. Zum Vergleich: Marktführer Aral gehören mehr als 2300 Stationen. In Schleswig-Holstein ist Orlen mit 76 Stationen vertreten, zehn davon allerdings unter der Marke der Handelskette Famila. "Ziel ist es, unser Netz bundesweit auszubauen", sagt Wieslaw Milkiewicz, Geschäftsführer und Sprecher von Orlen Deutschland. Auch in Schleswig-Holstein sei man an der Übernahme wirtschaftlicher Standorte sehr interessiert. Und dabei steht die THW-Heimat Kiel natürlich auf der Wunschliste weit oben.
(von Ulrich Metschies, aus den Kieler Nachrichten vom 24.03.2016, Foto: star)