Dominik Klein vor Rune Dahmke Kiels "Sportler des Jahres 2015"
"Lebenswerk" vs. "Aufsteiger"
Angelique Kerber siegt bei den Frauen
Von Beginn der Abstimmung an entbrannte zwischen den beiden Zimmerkollegen beim THW Kiel ohne deren eigenes Zutun ein harter Zweikampf um die begehrte Auszeichnung. Am Ende setzte sich Dominik Klein mit 6527 Punkten knapp gegen Rune Dahmke (6246) durch. Deutlich war der Abstand des THW-Duos auf den Drittplatzierten: Holstein-Kiel-Fußballer Tim Siedschlag erhielt von den Lesern der Kieler Nachrichten 1787 Punkte. "Es ist eine riesige Wertschätzung, diesen Preis zu erhalten", sagte Dominik Klein. "Ich bedanke mich für die vielen Stimmen und bin froh, meine zehnte Saison beim besten Verein der Welt zu spielen!" Gleichzeitig gratulierte Dominik Klein Angelique Kerber zu ihrer Wahl zu "Kiels Sportlerin des Jahres": "Sie hätte für 2016 auch den Titel 'Sportlerin des Jahres' in Deutschland verdient!" Tennisspielerin Kerber (7267) hatte die Kieler Publikumswahl mit großem Vorsprung vor den Seglerinnen Jule und Lotta Görge (3464) und Ruderin Frieda Hämmerlin (3279) gewonnen. Die Wahl war übrigens vor Kerbers Sieg bei den Australian Open und dem Handball-Europameister-Titel beendet.
KN: Dominik Klein über Erinnerungen und Zukunft
Kiel. Dominik Klein kommt von der Reha zum Termin, bestellt einen Tee und macht gleich klar, dass die Wahl zum Kieler Sportler des Jahres 2015 durch die Leser dieser Zeitung für ihn kein kalter Kaffee ist. "Das ist eine große Wertschätzung", sagt der Linksaußen des THW Kiel, der vor seinem Kollegen Rune Dahmke und Holstein-Fußballer Tim Siedschlag gewonnen hat. Es ist auch eine Wahl für sein "Lebenswerk" an der Förde. Der 32 Jahre alte Weltmeister von 2007 ist nach dem Abgang von Filip Jicha vor Saisonbeginn der letzte Vertreter der großen Zebra-Ära. Seit 1. Juli 2006 ist er Angestellter des THW, seitdem feierte er acht nationale Meisterschaften, drei Titel in der Champions League und die 68:0-Punkte-Saison 2012. "Ich habe unter den weltbesten Trainern trainiert und mit den weltbesten Spielern zusammengespielt, das ist ein großes Geschenk. Ich bin Weltmeister geworden und war bei den Olympischen Spielen, so etwas ist nicht vielen Sportlern vergönnt", sagt "Mini" Klein. Dass er Kiel im Sommer in Richtung Frankreich verlassen wird oder verlassen muss, da THW-Geschäftsführer Thorsten Storm bei seiner Personalplanung einen strikten Verjüngungskurs bevorzugt, beurteilt der gebürtige Miltenberger nach anfänglichen Akzeptanzproblemen mittlerweile milde. Beim HBC Nantes hat er einen Zweijahresvertrag plus Option für eine weitere Saison unterschrieben, seine Frau Isabell wird bei NLA Nantes ebenfalls erstklassig Handball spielen. Das ist schön für die junge Familie, zu der seit 23. Februar 2014 auch Söhnchen Colin gehört, die ewige Verbindung nach Kiel. "Sein Geburtsort wird immer in seinem Pass stehen", sagt Klein schmunzelnd. Sein unverhoffter Abschied vom THW hat viele Fans empört. Klein ist das Gesicht der Zebras, großer Sympathieträger und emotionaler Anführer. "Meine Ehrlichkeit und Emotionalität sind nie gespielt", sagt er. Als er am 28. März 2015 in Erlangen einen Kreuzbandriss erlitt, erwischte ihn die erste schwere Verletzung seiner Karriere im absoluten Leistungshoch, was er auch mit seiner mentalen Stärke begründet, dem Effekt der nach der verpassten EM-Nominierung 2010 begonnenen Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Mentalcoach Jürgen Boss. Mit Boss spricht er über alles, auch über seine Gefühle. "Er hat mich gelehrt, mich auf das Wesentliche zu fokussieren. Mich haben früher schon Zuschauer, die die Hallenmusik mitpfiffen, beim Aufwärmen gestört. Jetzt habe ich meinen Weg gefunden, mich in einen 'guten Zustand' zu versetzen. Ich lasse ich mich von nichts und niemandem mehr ablenken. Das hat mir viel Sicherheit gegeben." Auch die Sicherheit, nach seiner Operation zurückkehren zu werden. Am 6. Dezember war es so weit, im Champions-League-Heimspiel gegen Veszprem. Der Publikumsliebling wurde in der 56. Minute eingewechselt und traf fünf Sekunden vor Schluss zum 25:24. Klein wurde von seinen Kollegen begraben, die Halle tobte - ein Comeback "wie im Märchen". Wenn er davon erzählt, scheint es, als schimmerten seine Augen ein wenig feucht. Welche Erinnerungen werden ihm für immer bleiben? Schwierige Frage, dazu fällt Klein einiges abseits der Triumphe ein. Die frühe Freundschaft mit Nikola Karabatic und Vid Kavticnik, die enge Freundschaft mit seinem Zimmerpartner Henrik Lundström oder die gute Freundschaft mit Filip Jicha, der ihm mal sagte: "Es ist schwer, nach Kiel zu kommen, aber noch schwerer, in Kiel zu bleiben." Deshalb ist für Klein auch seine erste Vertragsverlängerung 2007 ein Meilenstein: "Dem größten Handballverein der Welt etwas gegeben zu haben, das er belohnte, hat mir sehr viel bedeutet." Was wird die Zukunft bringen? Auch hier denkt Dominik Klein so, wie er ist: positiv. Den Trainerschein will er machen, er kann sich vorstellen, mit Kindern zu arbeiten oder im Management eines Klubs. Es wird sich alles ergeben, davon ist Kiels Sportler des Jahres überzeugt. Auch wenn er mal dachte, dies könne beim Verein seines Herzens geschehen. (Von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 08.02.2016)
KN: Rune Dahmke: Das Kieler Handgelenk
KieL. Irgendwie drängt sich das Gefühl auf, dass Platz zwei bei der Wahl zum Kieler Sportler des Jahres für Rune Dahmke nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach ganz oben ist. Kieler Jung, Publikumsliebling, dem 22-Jährigen fliegen beim THW Kiel die Herzen zu, seinen Vertrag hat er gerade erst bis 2020 verlängert. Und bescheiden ist er auch noch, freut sich am Rande der Handball-EM in Breslau beim Sportlerwahl-Gespräch im Café riesig für seinen Mitspieler und "Mentor" auf Linksaußen, Dominik Klein: "Ja, ich bin schon traurig, dass Dominik geht", sagt Dahmke. "Von Beginn an und auch schon vor meiner Zeit beim THW war Mini immer da und hat mir viel geholfen. Er hat mich weitergebracht." Und das so sehr, dass Bundestrainer Dagur Sigurdsson Dahmke sein Vertrauen schenkte und mit dem fest verwurzelten Nordlicht zu EM-Gold stürmte. Dass der gelernte Immobilienkaufmann deswegen vom Kieler Heimatboden abhebt, ist kaum zu erwarten, denn Bodenständigkeit gehört in der Familie Dahmke zum Erbgut wie der Handball-Virus. Vater Frank warf zwischen 1981 und 1991 insgesamt 463 Tore für die Zebras. Auch Rune wechselte mit 15 aus Mönkeberg in die THW-Jugend, rückte 2012 zum ersten Mal ins Bundesliga-Team auf und lebt seitdem seinen Traum. "Rune wird am Boden bleiben", sagt auch Papa Frank. Er schaffte mit 25 den Sprung ins Nationalteam, sein Sohn ist mit 22 Europameister. Im Sommer bekommt Dahmke bei den Zebras Gesellschaft auf Linksaußen durch Neuzugang Raul Santos (Gummersbach). Ganz Sportsmann, wünscht Dahmke dem verletzten Österreicher "gute Besserung", um dann nahtlos anzufügen: "Er wird sicher eine Verstärkung für uns. Aber meinen Stammplatz werde ich natürlich nicht bereitwillig abgeben." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 08.02.2016)