Starker Auftritt beim HC Nexe: THW Kiel wahrt weiße Weste in der EHF European League
Der THW Kiel hält in der EHF European League die Erfolgsspur: Am Dienstagabend trotzten die Kieler den Strapazen einer elfstündigen Anreise am Vortag und gewannen beim kroatischen Vizemeister HC Nexe in Nasice auch ihre dritte Partie der Vorrundengruppe E. Beim souveränen 35:26 (17:14)-Erfolg setzten sich vor allen Dingen Torhüter Tomas Mrkva, Rückraumspieler Karl Wallinius und die nach langer Verletzungspause zurückgekehrten Nikola Bilyk und Elias Ellefsen á Skipagötu in Szene. Bilyk glänzte als Anspieler, war zudem mit sieben Treffern bester Kieler Schütze. "Skippy" kam erst in der zweiten Halbzeit, nutzte die 30 Minuten mit viel Tempo für überraschende Anspiele und sechs großartige Tore.
Imre und Johansson fehlten in Nasice
Die Zebras mussten zum Abschluss der Gruppebphasen-Hinrunde nicht nur auf ihren Langzeitverletzten Harald Reinkind (Fersen-OP) auch den kranken Bence Imre verzichten, auch das schwedische Rückraum-Ass Eric Johansson fehlte in Nasice aus familiären Gründen. Auch Samir Bellahcene war in der Landeshauptstadt geblieben Die Kieler verkrafteten die Ausfälle mit viel Kampfgeist und spielerischem Glanz: THW-Trainer Filip Jicha nutzte die Dominanz seiner Mannschaft für viele Wechsel, gab auch Nachwuchsmann Henri Pabst viel Spielzeit. Auch der 20-Jährige bedankte sich mit einer guten Vorstellung. Die Tour nach Nasice war für Kiels Kapitän, Domagoj Duvnjak, ein denkwürdiges Erlebnis, quasi ein Nachhausekommen: Der ehemalige Welthandballer Duvnjak ist nur 35 Kilometer entfernt im kroatischen Dakovo geboren, hat bei RK Dakovo das Handball-ABC erlernt, bevor er über RK Zagreb die große Handballwelt kennenlernte und als Sportidol Kroatiens auch eroberte.
"Dule" mit starkem Auftritt nahe der Heimat
Klar, dass "Dule" viele Freunde und Familienangehörige vor Ort begrüßen durfte. Er hatte vorgesorgt und beim Veranstalter 25 Tickets für die Seinen organisiert. Und klar auch, dass Kiels Kapitän sich beim Ausflug in die Heimat besonders ins Zeug legte, in der Abwehr wie ein Löwe kämpfte und im Angriff ein ständiger Gefahrenherd für Nexes Abwehr war. "Dule" traf aus allen Positionen, mogelte den Ball nach glänzendem Dahmke-Anspiel sogar vom Kreis ins Tor der Heimmannschaft. In der ersten Halbzeit erzielte Kiels Kapitän vier Tore, in den zweiten 30 Minuten gab's keine Gelegenheit mehr für Torwürfe: Trainer Jicha setzte seinen zuletzt unter Vollast agierenden Kapitän nur noch in der Abwehr ein.
Kieler mit kühlem Kopf im Hexenkessel
2000 Fans fasst der Hexenkessel OS Kralja Tomislava in Nasice, und die Zuschauer wurden ihrem speziellen Ruf als krasse Stimmungsmaschine von der ersten Sekunde an vollauf gerecht: Sie heizten die Atmosphäre auf und standen als achter Mann stimmgewaltig an der Seite des eigenen Teams. Doch Duvnjak und sein Team nahmen die Herausforderung an, spulten im Angriff auch ohne Johansson seelenruhig ihre Spielzüge ab und legten schnell die 2:0-Führung durch Emil Madsen per Siebenmeter und Nikola Bilyk vor. Jicha setzte im Mittelblock der Abwehr zumeist auf Karl Wallinius, der der Abwehr im neben Petter Överby oder Hendrik Pekeler großen Halt gab. Zwischen den Pfosten stand Tomas Mrkva, der eine großartige Partie ablieferte: Der Tscheche war über 60 Minuten ein starker Rückhalt für die Zebras.
Zebras mit Überzeugung und Spielwitz
Kresimir Kozina, zu Saisonbeginn vom Bundesligisten Frisch Auf! Göppingen in seine Heimat zurückgewechselt, verkürzte auf 1:2, doch Emil Madsen antwortete schnell mit einem Knaller unter die Torlatte zum 3:1. Dann hatte Duvnjak seinen ersten erfolgreichen Auftritt im Kieler Angriff, traf nach sechs Minuten zum 4:2. Mit abgefälschtem Rückraumwurf erhöhte Nikola Bilyk in der neunten Minute auf 5:2. Das Kieler Spiel kam ins Laufen, die Kroaten rannten den Gästen zumeist vergeblich hinterher. Karl Wallinius traf zweimal in Folge aus der zweiten Welle, Emil Madsen besogte mit einem Doppelschlag in der 15. Minute die Kieler 10:5-Führung. Die Fans machten weiter Krach, Überzeugung steckte hinter den Anfeuerungen aber schon früh nicht mehr. Bilyk war nach 17 Minuten zum 12:7 zur Stelle, und das Spiel rollte weiter fast nur in eine Richtung. Als Lukas Zerbe nach 26 Minuten von Rechtsaußen zum 16:10 einnetzte, schien es auf eine frühe Vorentscheidung hinzulaufen.
Eigenartige Minuten vor der Pause
Doch zwei, drei Kieler Unaufmerksamkeiten und eine Serie unverständlicher Schiedsrichterpfiffe brachte die Kroaten wieder auf Tuchfühlung. Kozina traf zweimal in Folge, und nach dem 16:14-Treffer von Bakic hatte Nexe erneut Ballbesitz, die Chance mit nur einem Tor Rückstand in die Halbzeit zu gehen. Es folgte der große Moment von Domagoj Duvnjak, der seine Führungsqualitäten einmal mehr unterstrich, einen Ball klaute und den folgenden Tempogegenstoß allein übers gesamte Feld zum 17:14-Pausenstand abschloss. Nach dem Wechsel verkürzte Tin Lucic, mit sieben Treffern bester Nexe-Schütze, auf 15:17
Zebras ziehen ihr Ding durch
Die Antwort der bärenstark wie pfeilschnell auftretenden Kieler ließ aber nicht lange auf sich warten: Á Skipagötu bediente Lukas Zerbe, der von Rechtsaußen sicher verwandelte. Zerbe war wenig später erneut zur Stelle, vollendete nach seinem Einläufer zum 19:15, gab den Startschuss für eine grandiose THW-Angriffsshow in den zweiten 30 Minuten. Sehenswert die Tore von Magnus Landin, der auch aus nicht vorhandenem Winkel von Linksaußen einnetzte .Und immer wieder "Skippy" oder Bilyk. Die ehemaligen Langzeitverletzten, agieren mit viel Lust, Spielwitz und Durchschlagskraft. Sie rissen ihre Kollegen mit in den furiosen THW-Angriffswirbel und legten die Halle langsam still.
Bärenstarker Auftritt der Zebras
Seinen Spaß hatte auch Patrick Wiencek: Der THW-Kapitän wurde nach 37 Minuten ins Rennen geschickt und entpuppte sich als glänzender Abnehmer der Zuspiele des Duos Bilyk/á Skipagötu. Vier Versuche, vier Volltreffer: Als Wiencek in der 50. Minute zum 31:24 in die kroatischen Maschen traf, war die Vorentscheidung gefallen. Die Kirsche auf die Sahnetorte legte dann "Skippy" mit seinem Treffer zum 35:25: Ein Traum von einem Unterarmwurf, reif für das Handball-Lehrbuch und der Abschluss einer Kieler Angriffs-Gala. und einer der besten Leistungen der Saison. Der Auswärtssieg beim HC Nexe kann auch in der Endabrechnung der Gruppenphase noch richtig wichtig sein: Denn die ersten beiden Mannschaften, die in die Hauptrunde einziehen, nehmen die gegeneinander erzielten Punkte mit in die nächte Runde. Zwei Zähler stehen gegen jeden der drei Gegner auf jeden Fall auf der Habenseite. Kapitän Wiencek will den drei Hinrunden-Erfolgen weitere folgen lassen: "Wir wollen jedes Spiel gewinnen, das hilt uns dann auch im weiteren Wettbewerb."
Weiter geht’s beim HC Erlangen
Die Zebras bleiben nach der Partie noch in Kroatien: In Osijek, wo die Kieler Handballer Quartier bezogen haben, beginnt am Mittwochvormittag mit einer Trainingseinheit die Vorbereitung für das kommende Spiel in der DAIKIN Handball-Bundesliga am Freitag beim HC Erlangen. Nachmittags reisen die Kieler dann mit dem Bus ins gut 300 Kilometer entfernte Zagreb, von wo aus es nach München und dann wieder mit dem Bus nach Erlangen geht. Dort und am Freitag in Nürnberg sind weitere Trainingseinheiten angesetzt. Anwurf zur Partie beim HC Erlangen ist Freitagabend um 20:30 Uhr, Dyn überträgt live. Für Kieler Fans in der Arena Nürnberger Versicherungen wird der mobile Fanshop in der Halle öffnen. Am kommenden Dienstag, 29. Oktober, startet mit dem Heimspiel gegen Nexe der zweite Gruppenphasen-Teil auf internationalem Parkett. Eintrittskarten für das Spiel sind unter www.thw-tickets.de , bei CITTI sowie in der THW-FANWELT erhältlich, die am Spieltag ihre Tageskasse von 10 Uhr bis zum Anpfiff durchgehend geöffnet hat. Weiter geht’s beim HC Erlangen, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: HC Nexe
EHF European League, 3. Spieltag: HC Nexe (CRO) – THW Kiel: 26:35 (14:17)
HC Nexe: Saric (48.-60., 2 Paraden), Car (1.-48., 7/1 Paraden); Bakic (3), Grgic (1), Haseljic, Klimkow, Marguc, Manci Micevic, Dolenec (4/1), Strlek, Moslavac (4), A. Cenic (1), O. Cenic (1), Vucko (2), Lucin (8/1), Kozina (3); Trainer: Ivankovic
THW Kiel: Mrkva (1.-60., 13/2 Paraden), Wolff (n.e.); Duvnjak (4), Landin (2), Överby, Wiencek (4), Pabst, Dahmke (1), Zerbe (3), Madsen (4/1), Wallinius (4), Bilyk (7), Pekeler, á Skipagötu (6); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Radojko Brkic / Andrei Jusufhodzic (AUT)
Zeitstrafen: Nexe: 2 (Kozina (4.), Vucko (21.)) / THW: 4 (Wallinius (18.), Pabst (28.), Pekeler (52.), Wiencek (56.))
Siebenmeter: Nexe: 4/2 (Mrkva hält 2x Lucin (24., 37.)) / THW: 2/1 (Madsen an den Pfosten (21.))
Spielfilm: 0:2 (2.), 2:3 (5.), 2:5 (9.), 5:7 (12.), 5:10 (15.), 7:12 (17.), 9:12, 10:13 (24.), 10:16 (27.), 14:16 (29.), 14:17;
2. Hz: 15:17, 15:19 (33.), 16:20, 18:20 (36.), 18:22 (37.), 19:24 (41.), 21:26 (44.), 22:29 (47.), 24:30, 24:33 (55.), 25:35, 26:35.
Zuschauer: 2000 (ausverkauft) (OS Kralja Tomislava, Nasice (CRO))
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Es war wirklich eine konzentrierte und super souveräne Leistung hier in Nasice. Ich freue mich, dass wir solch eine Leistung an diesem Tag bringen konnten. Wir hatten eine ziemlich schwierige Anreise, konnten nur kurz trainieren. Umso mehr freue mich für die Jungs, dass sie eine der besten Leistungen in dieser Saison zeigen konnten. Dadurch, dass Eric Johansson zu Hause geblieben ist, ist Niko in die Rotation gerückt. Der Junge ist fit, arbeitet hart an seinem Körper. So konnte er fast 60 Minuten durchstehen. Elias haben wir ein bisschen behutsamer herangeführt, er hat ein paar mehr Minuten als zuletzt spielen können. Mir hat gut gefallen wie er sich bewegt hat. Ich hoffe, dass wir uns weiter in die Richtung wie heute bewegen.
THW-Rückraumspieler Karl Wallinius: Es fühlt sich sehr gut an, hier so gewonnen zu haben. Wir haben eine gute Leistung gezeigt, und hatten Tomas im Tor, der eine unglaubliche Leistung gezeigt hat. Das hat uns sehr geholfen. Das hat heute sehr viel Spaß gemacht, es war unser vielleicht bester Auftritt nach Magdeburg.
THW-Kapitän Patrick Wiencek: Wir haben dasSPiel souverän gewonnen, obwohl es sehr schwierig ist, hier zu spielen. Die Atmosphäre, die kleine Halle und die emotionalen Fans – wir haben es trotzdem richtig gut gemacht. Gerade die Spieler, die aus der Verletzung kamen, und Karl haben es richtig gut macht heute. Jetzt drei Siege zu haben, ist gut. Aber wir wollen alles gewinnen, und dann stehen wir am Ende gut da. Jetzt geht’s nach Erlangen, das wird ein sehr intensives, sehr hartes Spiel. Wir haben jetzt zwei Tage zum Regenieren und für die Vorbereitung, und dann werden wir die richtigen Lösungen finden.
THW-Kapitän Nikola Bilyk: Ich freue mich, dass wir das Spiel gewinnen konnten. Das ist alles anderes als einfach in dieser Halle. Wir haben als Team einen sehr guten Job gemacht, haben hinten gut gestanden und Tomas hat gut gehalten. Vorne haben wir auch sehr gute Lösungen gefunden. Jetzt geht’s weiter nach Erlangen. Es erwartet uns dort ein hitziges Spiel. Mit Martin Schwalb als Trainer haben sie neuen Schwung bekommen, sie werden alles versuchen, uns zu ärgern. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren und im Vergleich zu heute noch eine Schippe draufpacken.