THW Kiel feiert mit Routine und jugendlichem Elan Auftaktsieg gegen Torrelavega
Der Start auf der europäischen Handball-Bühne ist geglückt: Der THW Kiel gewann sein Premierenspiel in der Vorrunde der EHF European League am Dienstagabend gegen den spanischen Senkrechtstarter Bathco BM Torrelavega sicher und hochverdient mit 32:27 (18:14). Das Team von der Atlantikküste, Tabellendritter der spanischen Liga Asobal, hielt bei seiner Premiere auf internationalem Parkett zwar mit, die Zebras aber hatten die Partie nach dem Schlussspurt zur 18:14-Pausenführung jederzeit im Griff. Bester Torschütze der Zebras war Emil Madsen, der 10/5 Treffer erzielte, durch den 20-jährigen Henri Pabst aber auch Pausen bekam. Der 19-jährige Mittelmann Linus Kutz feierte indes seine Premiere auf europäischer Bühne, übernahm die Regie und erzielte sein von 3619 laustarken Fans bejubeltes Premieren-Tor.
Pabst und Kutz mit starken Leistungen
Kiels Trainer Filip Jicha gab fast allen Akteuren Spielanteile, schonte nur Stammtorhüter Andreas Wolff. Tomas Mrkva und Samir Bellahcene standen jeweils 30 Minuten zwischen die Kieler Pfosten. Beide machten einen guten Job. Die Youngster boten starke Leistungen. Mittelmann Kutz, der zur Freude der Zuschauer auch mit frechen und überraschenden Anspielen glänzte, traf einmal. Linkshänder Pabst war nahezu 30 Minuten auf der Platte, erzielte zwei Tore und freute sich über die lange Spielzeit, die Filip Jicha ihm gab. "Es war ein Riesengefühl, solange in einer Europacup-Partie spielen zu dürfen, vor allem vor dieser großartigen Heimkulisse", freute sich Pabst. "Als mein erster Wurf ins Tor ging, fiel alle Nervosität ab, das war ein großer Abend für mich und ein erfolgreicher Abend für unsere Mannschaft."
Auch Karl Wallinius spielt Schlüsselrolle
Kiels Rückraum-Asse Harald Reinkind (Fersen-OP), Nikola Bilyk (Muskelfaserriss) und Elias Ellefsen á Skipagötu (Knieprobleme) waren weiterhin zum Zuschauen verurteilt, Filip Jicha musste also erneut experimentieren, das Beste aus dem Personalmangel machen. So bot der THW-Coach eine ungewohnte Abwehrformation auf. Stellte Karl Wallinius, der auch fünf Treffer erzielte, im Mittelblock an die Seite von Hendrik Pekeler oder Petter Överby. Beide sonstigen Mittelblock-Stammkräfte verteidigten wechselweise auf der rechten Halbposition, auf der linken Halbposition stand Magnus Landin seinen Mann. Die Rückraumspieler Eric Johansson, Emil Madsen oder Domagoj Duvnjak hatten so Zeit zum Verschnaufen. Gegen Ende der ersten Halbzeit auch im Angriff, weil Jicha nahezu allen Spielern im Kader wertvolle Minuten gab.
Konzentrierter Kieler Start
Die Kieler starteten gegen die Spanier konzentriert, legten durch Petter Överby und Bence Imre die schnelle 2:0-Führung vor. Auch, weil Tomas Mrkva gleich in der dritten Minute den ersten Gäste-Siebenmeter aufhielt. Javier Munoz scheiterte am Kieler Schlussmann. Und der junge Bence Imre: Schon am Sonnabend hatte der Ungar nach zehn Minuten dreimal ins Schwarze getroffen. Gegen Torrelavega wiederholte Kiels Rechtsaußen dieses Kunststück, traf zweimal von Außen, einmal von der Siebenmeterlinie. Madsen jubelte erstmals nach elf Minuten über sein erstes Tor, wuchtete den Ball aus dem Rückraum zum 6:3 für die Zebras in die gegnerischen Maschen, traf wenig später zum 7:4 ein weiteres Mal. Spaß am Torewerfen zeigte auch Wallinius, der dreimal in Folge per zweiter Welle erfolgreich war, den Ball jeweils unhaltbar in den Winkel des gegnerischen Gehäuses schmetterte. 9:7 lautete der Zwischenstand nach 17 Minuten, zweimal noch kamen die Gäste auf einen Treffer heran: Martinez verkürzte auf 8:9, in der 19. Minute war Munoz zur Stelle, traf zum 9:10.
Kieler drücken aufs Tempo
Fortan setzten sich die Kieler ab - und das sehenswert: Johansson bediente Madsen mit einem Rückraum-Kempa-Anspiel, kurz darauf traf Madsen per Strafwurf zum 12:9. 21 Minuten waren da gespielt, und die Kieler drückten weiter aufs Tempo: Wallinius brachte seine Farben mit 16:12 in Front, der Treffer zum 18:14-Halbzeitstand ging dann erneut aufs Konto des wurf- und spielfreudigen Madsen: Der Däne war in der 30. Minute bereits zum achten Mal erfolgreich. Nach dem Wechsel vertraute Filip Jicha weiterhin auf seine jungen Kräfte, machte den Spaniern das Angriffsleben aber noch schwerer, weil er mit Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek Kiels bärenstarken Mittelblock-Klassiker aufbot. Es wirkte. Die hinteren Kieler Reihen standen jetzt fester, nach 36 Minuten lagen die Kieler mit 21:15 vorne. Lukas Zerbe, für Bence Imre gekommen, netzte zweimal in Folge eiskalt und spektakulär ein. Torrelavegas Trainer Larrea nahm früh die Auszeit, wollte dem Kieler Spiel den Schwung nehmen. Ohne Erfolg.
Zebras bleiben cool
Die Zebras wirbelten weiter, trafen zum Teil wie sie wollten. Richtig laut auf den Rängen wurde es dann in der 46. Minuten, als Linus Kutz sich im Eins-gegen-Eins über Halbrechts durchsetzte und seinen ersten Treffer in einem internationalen Vereinswettbewerb erzielte. Zuvor hatte Pabst schon einen Wurf in den Winkel gejagt, später ließ er das 28:22 folgen. Auch von dem spanischen 4:0-Lauf kurz vor dem Ende zum 27:29 ließen sich die Kieler nicht aus der Ruhe bringen: Jicha wechselte gegen die spanische 5-1-Deckung für wenige Minuten wieder die Routine ein, Madsen, Duvnjak und noch einmal Madsen ließen keinen Zweifel am späteren Sieger aufkommen. Sie sorgten mit ihren Toren und dem abschließenden 3:0-Lauf für Freude auf den Rängen und die ersten Punkte in der European League.
Zebras sind Freitag erneut in Hamburg gefordert
Nach zuletzt zwei Heimspielen gehen die Zebras jetzt wieder auf Tour - allerdings auf eine kurze: Am Freitagabend sind sie erneut in Hamburg zu Gast, wo sie bereits am vergangenen Donnerstag den Achtelfinal-Einzug im DHB-Pokal feierten. Jetzt geht es um wichtige Liga-Punkte, Anwurf in der Barclays Arena ist um 20 Uhr. Dyn überträgt live, noch gibt es aber auch Tickets im Kieler Gästeblock U20. Am Sonntag dann erwarten die Zebras Besuch in Altenholz: Beim Fan-Fest am Zebra-Tag rund um das Leistungszentrum im Rehmkamp gibt es von 13 bis 18 Uhr viel zu erleben, bevor sich der THW Kiel zum Auswärtsspiel beim HC Vojvodina (Dienstag, 18:45 Uhr, live bei DAZN und Dyn) auf den weg macht. Das nächste Mal zu Hause spielen die Zebras am Samstag, 19. Oktober: Zu Gast ist ab 20:30 Uhr der 1. VfL Potsdam, Eintrittskarten sind unter www.thw-tickets.de, bei CITTI sowie in der THW-FANWELT erhältlich. Weiter geht’s in Hamburg, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
EHF European League, 1. Spieltag: THW Kiel - Bathco BM Torrelavega (ESP): 32:27 (18:14)
THW Kiel: Mrkva (1.-30., 4/1 Paraden), Wolff (n.e.), Bellahcene (31.-60., 5 Paraden); Duvnjak (2), Landin, Överby (1), Wiencek (2), Pabst (2), Johansson, Dahmke (1), Zerbe (4), Kutz (1), Madsen (10/5), Wallinius (5), Pekeler, Imre (4/1); Trainer: Jicha
Bathco BM Torrelavega: Gonzales (18.-25., 1 Parade), Vial Tercariol (1.-18., 25.-60., 11 Paraden); da Silva Maildo (3), Linhares da Souza (2), Rubino (1), Gomez, Munoz (2), J. Fernandez (2), Lombilla del Rio, Martinez (3), Aja (2), Cangiani (2), Jurkovic (2), A. Fernandez (5/3), Colunga (4), Gandara, Trainer: Cuetara
Schiedsrichter: Miljan Vesovic / Novica Mitrovic (MNE)
Zeitstrafen: THW: 2 (Wallinius (4.), Pekeler (27.)) / BMT: 4 (A. Fernandez (8.), Rubino (18.), Martinez (21.), Colunga (57.))
Siebenmeter: THW: 8/6 (Imre an die Latte (16.), Madsen neben das Tor (55.)) / BMT: 4/3 (Mrkva hält Munoz (3.))
Spielfilm: 2:0, 3:2 (5.), 4:3, 6:3 (11.), 8:5 (15.), 8:7 (17.), 10:9, 12:9 (21.), 12:10, 14:10 (23.), 16:12 (24.), 16:14 (28.), 18:14;
2. Hz: 18:15, 21:15 (36.), 22:16, 22:19 (42.), 25:19 (45.), 27:21, 29:23 (52.), 29:27 (56.), 32:27.
Zuschauer: 3619 (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr glücklich und zufrieden mit diesem Erfolg. Auch weil ich alle meine Jungs aufs Feld bringen konnte. Sehr stolz bin ich auf Henri Pabst und Linus Kutz: Unsere Perspektivspieler haben heute viele Minuten spielen können und das überragend gemacht. Zwei Punkte waren das Ziel, und das haben wir erreicht. Es war Torrelavegas erstes Spiel auf europäischer Ebene, das ist etwas Besonderes. Ich habe einen Gegner gesehen, der schnell gespielt hat und hungrig darauf war, es für uns schwierig zu machen. Bedanken möchte ich mich bei jedem einzelnen unserer Fans, die zu dieser späten Stunde den Weg in unsere Arena gefunden haben. Die Atmosphäre war großartig.
Torrelavegas Trainer Jacobo Cuetara: Glückwunsch an den THW Kiel, aber auch Glückwunsch an meine Mannschaft. Kiel war besser, aber unser Weg im internationalen Wettbewerb hat gerade erst begonnen. Die Erfahrungen, die meine Spieler in diesen Matches in solchen Arenen sammeln, wird uns für die Zukunft gut tun.
THW-Rückraumspieler Karl Wallinius: Es war ein solides Spiel von uns, in dem vor allen Dingen diejenigen, die zuletzt wenig zum Einsatz kamen, Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben sammeln konnten.
Torrelavegas Captain Borja Lombilla: Für uns ist es großartig, unser erstes Spiel auf europäischer Ebene gespielt zu haben. Und das gleich gegen eine große Mannschaft wie den THW Kiel in dieser berühmten Arena. Das war eine großartige Erfahrung.
THW-Linksaußen Rune Dahmke: Es ist toll, dass die starke Trainingsleistung unserer Youngster mit so vielen Minuten Spielzeit belohnt wurde. Sie haben eine gute Energie reingebracht. Es war unser drittes Spiel in sechs Tagen, da war es gut, dass Dule, Emil und Eric auch mal eine Pause bekommen konnten. Linus und Henri haben das gut gelöst, es war ein richtig guter Tag für die beiden. Gut war, dass wir im Spiel jederzeit in der Lage waren, noch einmal einen Zahn zuzulegen.
THW-Europe-Debütant Linus Kutz: Mein Debüt zu Hause vor unseren Fans und dann mit der Mannschaft gewinnen – besser geht es nicht. Wir hatten viele gute Phasen im Spiel, aber auch einige, in denen wir uns ein paar technische Fehler zu viel erlaubt haben und nicht konsequent genug waren. Alles in allem war aber wichtig, dass wir die Punkte holen. Und das haben wir mit einer guten Teamleistung geschafft.