fbpx

KN: Ohne “Leichtigkeiten”

Weitere

KN: Ohne "Leichtigkeiten"

Kiel/Flensburg. Ein Handball-Nordderby ist ein Derby bleibt ein Derby. Rivalität, Nervenkitzel, Respekt - das war 100-mal so und ist auch jetzt so vor dem 101. Landesduell zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt heute (19 Uhr) in der Sparkassen-Arena.

Heute Abend treffen sich THW Kiel und SG Flensburg-Handewitt zum 101. Nordderby

Die Lage ist spannend: Der Ausgang von Derby Nummer 101 gibt zumindest ein klein wenig die Richtung in der Handball-Bundesliga vor. Der THW muss zwei Spitzenspiele in kurzer Folge absolvieren, hat in Magdeburg verloren. "Wir haben dort die zwei Punkte gelassen, weil wir viele kleine Fehler gemacht haben. Dabei hatten wir das Spiel eigentlich im Griff. Deswegen tat die Niederlage weh", sagt THW-Chefcoach Filip Jicha. "Ich war deswegen in den ersten Tagen danach im Training und in der Ansprache streng. Denn das waren dort Leichtigkeiten, die ich aus unserem Spiel weghaben möchte. Im Derby wird die Mannschaft diese Leichtigkeiten nicht zeigen."

SG-Coach Maik Machulla hat die Partie in Magdeburg in sein Videostudium integriert, sieht eine Mitschuld für die Kieler Niederlage bei den Schiedsrichtern: "Der THW kriegt am Ende Entscheidungen, die man sich vielleicht zweimal angucken sollte. In einem so engen Spiel trifft dich das hart. Da müssen die Schiedsrichter mehr Rückgrat haben."

Die SG hat sich gegen Melsungen und die Rhein-Neckar Löwen schadlos gehalten, aber in Wetzlar einen Punkt verloren. "Wir sind noch nicht stabil genug. Wenn Sachen nicht funktionieren, überlegen wir mehr als letztes Jahr. Der Punkt in Wetzlar ist ärgerlich. Da haben wir unsere Leistung nicht abgerufen", sagt SG-Coach Maik Machulla rückblickend, weiß aber auch, wie eng Sieg und Niederlage manchmal beieinander liegen: "Wenn der THW den Supercup und Super Globe gewinnt und in Magdeburg was holt, was alles möglich war, stehen die auch ganz anders da."

Heute um 19 Uhr sind solche Altlasten vergessen, bricht sich Derby-Atmosphäre Bahn. Das Kribbeln vor dem Duell der ewigen Landesrivalen spürt auch Filip Jicha: "Ich freue mich riesig. Man merkt in diesen Tagen, dass das Derby etwas Besonderes ist und bleibt. Wir müssen das zu Hause mit ganz viel Emotionen und Freude angehen und genießen. Wir sind auf einem guten Weg - egal, wie das Spiel ausgeht." Frisch ist die Erinnerung ans vergangene Jahr, als der THW - ausgerechnet nach Niederlagen gegen Flensburg und Magdeburg - mit der Hypothek von vier Minuspunkten in die Saison startete. "Damals hat nur Alfred Gislason Ruhe bewahrt", erinnert sich Jicha. "Da habe ich viel lernen können." Am Ende wurde Flensburg Meister, der THW mit insgesamt nur sechs Minuspunkten bester Vizemeister aller Zeiten. Jicha: "Es wird ein ausgeglichenes Spiel, wir werden unser Herz auf der Platte lassen. Das Nordderby in der Bundesliga ist eines der schönsten Spiele in diesem Jahr. Darum ist nicht nur jeder Spieler, sondern auch jeder Fan in Kiel gefragt."

Säbelrasseln vor dem 101. Aufeinandertreffen? Fehlanzeige! Beide Cheftrainer sprechen respektvoll über den Kontrahenten. Man kennt sich! Man schätzt sich! "Wir werden uns beide kaum überraschen können", vermutet Jicha, der die Tagesform der Schlüsselspieler für entscheidend hält. "Da kommt es auf die Torhüter an, aber auch bei Holger Glandorf müssen wir hellwach sein wegen seiner Erfahrung, Emotionen und seiner Art, Handball zu spielen. Wir müssen aber auch Rød, Gottfridsson, Golla im Griff haben, dürfen die SG nicht zum Tempospiel einladen." Routinier Glandorf ist nach den überstandenen Folgen einer Schulter-OP wieder ins SG-Training eingestiegen, wird ebenso im Kader des deutschen Meisters stehen wie Linksaußen Hampus Wanne (Achillessehnenbeschwerden).

Aber was ist nun wichtiger? Tagesform oder Derby-Erfahrung? "Wenn beides korrespondiert, kann das ein Faktor sein. Aber trotzdem können Gisli Kristjánsson, Dario Quenstedt oder Pavel Horak, die wenig Derby-Erfahrung haben, entscheidende Spieler für uns werden. Wir werden am Konzept nichts ändern, wollen das Umschaltspiel in die zweite Welle oder den Gegenstoß durchziehen. Wichtig wird sein, so wenig technische Fehler wie möglich zu machen", sagt Jicha. Maik Machulla hat den Gegner genau studiert, äußert viel Lob über sein Kieler Pendant Jicha. "Die Kieler machen eine tolle Arbeit, und man sieht, dass Filip Dinge konsequent ändert. Kiel spielt jetzt geduldiger, der Ball läuft länger, Filip wechselt sehr viel. Die Abwehr ist offensiver ausgerichtet. Er ist kreativ", sagt der 42-jährige Machulla über seinen fünf Jahre jüngeren Kollegen.

 (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 12.09.2019, Foto: Sascha Klahn