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KN: Heldenhaft am Nachmittag

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KN: Heldenhaft am Nachmittag

Köln. Wann ist ein Held ein Held? Geboren werden sie nicht in Testspielen, das ist auch im Handball ehernes Gesetz. Unterhaltsam, mitunter aufschlussreich war es dennoch, was die beiden Schwergewichte FC Barcelona (neun Titel in der Champions League) und THW Kiel (drei Titel) am Sonntagnachmittag auf das Parkett der Kölner Lanxess Arena zauberten. Am Ende hatten die Kieler mit 33:29 (18:13) die Nase vorn und sammelten erneut viel wertvollen Vorbereitungs-Input.

Die Zebras probieren sich weiter aus und besiegen den FC Barcelona in Köln in einem Testspiel mit 33:29

Dritte (und letzte) Auflage der "Helden des Handballs". Das vermeintliche Spektakel kommt für die 8031 etwas lieblos verpackt daher, ist ohnehin aus der Zeit gefallen. Das Vermarktungsrecht an drei Duellen zwischen dem THW Kiel und dem ewigen Rivalen FC Barcelona war vor vier Jahren Teil der Ablösemodalitäten beim Transfer Filip Jichas von Kiel zu den Katalanen gewesen. Vier Jahre später sind alle Schulden endgültig beglichen - und Jicha ist längst Trainer, allerdings wieder "daheim" beim THW Kiel. 

Sportlich ist’s für das handballbegeisterte Kölner Publikum nichtsdestotrotz ein illustrer Nachmittag mit ihren ganz persönlichen Helden. Das Warm-up liefern der VfL Gummersbach und die Dänen von Aalborg Håndbold. Der vom Kieler Torge Greve trainierte Erstliga-Absteiger bietet dem dänischen Champions-League-Teilnehmer beim 21:23 ganz schön Paroli, ehe die beiden Königsklassen-Giganten das Feld betreten. Für Filip Jicha noch immer ein besonderer Anlass. "Kiel und Barcelona sind Herzensangelegenheiten für mich."

Herzlich ist auch der Applaus, mit dem besonders die deutschen Nationalspieler im THW-Dress empfangen werden. Nach dem Anpfiff der Unparteiischen Christian Moles und Lutz Pittner in ihrem 480. und letzten Spiel nach 15 Jahren Bundesliga setzt der FC Barcelona zunächst andere Reize, empfängt die Kieler Angreifer nach einem ersten Abtasten mit einer megaoffensiv interpretierten 5:1-Deckung. Das lässt das schwarz-weiße Positionsspiel zuweilen hölzern wirken. Chancen erarbeiten sich die Jicha-Schützlinge dennoch, zeigen zum ersten Mal in der Vorbereitung jedoch eine schwache Chancenauswertung: Miha Zarabec (2.), Harald Reinkind (3.), Niclas Ekberg (20.) an den Pfosten, Hendrik Pekeler scheitert frei vor Gonzalo Pérez de Vargas im Barca-Tor (22.). 

Würden diese Bälle ihr Ziel erreichen, würden Niklas Landins zehn Paraden bis zur Pause, Lukas Nilssons Tore und Domagoj Duvnjaks und Patrick Wienceks Traum-Kombination zum 15:10 (26.) in eine noch viel höhere Führung münden. Mit dem siebten Feldspieler begegnen die Kieler der offensiven spanischen Abwehr nicht. Jicha: "Ich wollte, aber Sprengi (Co-Trainer Christian Sprenger, d. Red.) hat mich überredet, es nicht zu tun. Wir haben diese Variante noch nicht im Training abgearbeitet."

Jicha bringt Pavel Horak im Abwehr-Innenblock, Torwart Dario Quenstedt und Linksaußen Rune Dahmke zur zweiten Halbzeit. "Es gab nie einen Bruch durch die Wechsel", stellt Viktor Szilagy später zufrieden fest. Quenstedt zeigt einige tolle Paraden gegen Barca-Kapitän Victor Tomás (45.) und Kreisläufer Ludovic Fabregas (51.). Bei den Katalanen in ihrem ersten Test des Sommers macht sich Müdigkeit bemerkbar. Das Prunkstück des Kieler Spiels - das zeichnet sich zusehends ab - könnte in dieser Saison noch frappierender das Tempo, die schnelle Mitte, die zweite Welle, das erbarmungslose Umschaltspiel sein. "Das ist unser Fokus, das wird besser und besser", sagt Kapitän Domagoj Duvnjak. Hendrik Pekeler profitiert als bester Schütze mit sechs Toren von den Gegenstößen, Youngster Gisli Kristjánsson setzt - spät eingewechselt - dynamische Akzente, trifft zweimal sehenswert (29:27/53. und 30:28/56.). Helden werden an diesem Nachmittag nicht geboren. Aber das kann ja noch kommen.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 12.08.2019, Foto: Sascha Klahn)