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KN: Die Sache mit dem Videobeweis

DHB-Pokal

KN: Die Sache mit dem Videobeweis

Hamburg. Erst nicht, dann doch, aber wann überhaupt? Beim Final Four um den DHB-Pokal sorgte der Videobeweis in Hamburg für Ärger. Im ersten Halbfinale am Sonnabend kam er nicht zum Einsatz, im zweiten führte er zur Roten Karte gegen Hendrik Pekeler vom THW Kiel. Der sagte anschließend: "Ich finde den Videobeweis grundsätzlich gut, aber wenn, dann muss er konsequent sein."

Jetzt hat der Ärger auch den Handball erreicht

Gleich dreimal blieb das imaginäre Viereck, das die Schiedsrichter anzeigen, um den Videobeweis zu signalisieren, im Spiel der Recken gegen Magdeburg (29:30) im ersten Halbfinale aus. Zunächst beim 15:11 von Matthias Musche für den SCM mit (oder nach?) dem Pausenpfiff. Dann bei der Roten Karte gegen Timo Kastening in der 36. Minute (Foul oder nicht Foul?). Und schließlich auch bei Christian O’Sullivans Siegtreffer in letzter Sekunde (Stürmerfoul?). Kurios: Zumindest bei der ersten und dritten Szene sei, so Wolfgang Jamelle (Schiedsrichterwart des Deutschen Handballbundes), der Videobeweis als Option gar nicht vorgesehen.

"Die Hallenuhr ist nicht mit dem Kamerasystem des Videobeweises verbunden. Dies ist allerdings auch keine Situation, die für den Videobeweis vorgesehen ist", sagte Jamelle und verwies auf sieben Situationen (z.B. Rudelbildung, Rote oder Blaue Karte, Ermittlung des richtigen Spielers bei einer Roten Karte, Tor oder kein Tor), in denen bis zu neun Kamerasignale zurate gezogen werden können.

Bei den Hannoveraner Verantwortlichen stieß die Umsetzung auf wenig Begeisterung. "Ich bin nicht glücklich mit der Leistung der Schiedsrichter", sagte ein sichtlich zerknirschter Trainer Carlos Ortega. Sven-Sören Christophersen, Sportlicher Leiter der Burgdorfer, zeigte ebenfalls wenig Verständnis: "Wir haben hier technische Hilfsmittel (Videobeweis, d. Red.), und die wurden nicht genutzt. Das habe ich nicht verstanden. Viel haben wir uns natürlich selbst zuzuschreiben, aber gefühlt wurden mehr 50:50-Situationen gegen uns entschieden."

Umgekehrte Vorzeichen bei den Zebras. Bevor die Schiedsrichter ein Foul Hendrik Pekelers an dem Berliner Frederik Simak mit der Roten Karte ahndeten, versammelten sie sich hinter dem Kampfgericht und überprüften die Szene auf einem Tablet-Bildschirm - anders als im Spiel zuvor bei der Disqualifikation Kastenings. Die aus dem Videobeweis resultierende Rote Karte war für THW-Trainer Alfred Gislason eine Fehlentscheidung: "Für mich war das nicht Rot. Er will sich nur aus der Umklammerung befreien. Vielleicht muss man erst noch lernen, mit der neuen Technik umzugehen." Dem schloss sich Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning an: "Die Frage ist, ob ein kleines iPad die richtige Technik ist, oder ob man das sonst lieber ganz lassen sollte."

Der Kieler Nationalspieler Pekeler selbst fordert mehr Konsequenz bei der Umsetzung: "Wir waren alle nicht zufrieden mit den Schiedsrichtern. Immer wenn wir gegen Berlin zur Pause führen, pfeifen die Schiedsrichter in der zweiten Halbzeit eine andere Linie." Konkret bezog sich Pekeler auf das Tor von Paul Drux zum 16:19 aus Sicht der Berliner (50.), das Niklas Landin vermeintlich parierte, die Unparteiischen den Ball aber hinter der Linie sahen. Konsequenterweise hätte man auch da, so der Kreisläufer, den Videobeweis anwenden müssen. Gepfiffen hatten im Semifinale Robert Schulze und Tobias Tönnies. Sie kommen aus Magdeburg und Stendal bei Magdeburg, der Stadt des Kieler Finalgegners am Sonntag. "Dann gibt es anscheinend keine besseren", kommentierte Hendrik Pekeler die Ansetzung. THW-Trainer Alfred Gislason ("Ich würde auch mit Magdeburger Schiedsrichtern gegen Magdeburg spielen") und Sportchef Viktor Szilagyi ("Die Ansetzung hat keine Rolle gespielt") äußerten sich gelassener.

(Von Tamo Schwarz und Merle Schaack, aus den Kieler Nachrichten vom 08.04.2019, Foto: Sascha Klahn)

Einwurf: Ganz oder gar nicht

Typisch Handball, hieß es am Wochenende in Hamburg beim Pokal-Final-Four. Mal wieder. Es gibt eben Dinge, die gibt’s nur im Handball. Zum Beispiel das: Der SC Magdeburg steht am Sonnabend als erster Finalist fest, und das zweite Halbfinale des THW Kiel gegen die Füchse Berlin wird von Schiedsrichtern aus Magdeburg gepfiffen. Woanders undenkbar. Im Handball: Geht nicht gibt's nicht. Beim Videobeweis geht indes so einiges nicht. Anders als beim Final Four in der Champions League in Köln gab es beispielsweise in Hamburg keine Torlinientechnik. Auch die Prüfung, ob ein Treffer nun vor, während oder nach dem Halbzeitpfiff erzielt wurde, ist laut Statuten des Deutschen Handballbundes nicht per Videobeweis vorgesehen. Im übrigen sind Videobilder und Spielzeit eh nicht miteinander gekoppelt. Vielleicht, ja vielleicht wird man sich diesen Witz schon bald erzählen im Kölner Videokeller der Deutschen Fußball Liga (DFL). Für den Handball gilt: Entweder ganz - oder lieber gar nicht.