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THW beendet Negativserie in Wetzlar

Bundesliga

THW beendet Negativserie in Wetzlar

Der THW Kiel hat nach drei Jahren ohne Sieg wieder einmal die Rittal-Arena erobert: Am Donnerstagabend mussten die Fans des Rekordmeisters allerdings lange zittern, bis der 27:23 (15:12)-Erfolg unter Dach und Fach war. Eine mangelhafte Chancenverwertung der Zebras hatte die Gastgeber nach zwischenzeitlicher Fünf-Tore-Führung des THW wieder in die Partie zurückgeholt. Ein 4:0-Lauf in den letzten sieben Minuten sicherte den Schwarz-Weißen aber zwei ganz wichtige Punkte, die sie nun am Sonntag im Nordderby mit einem Erfolg gegen den Tabellenführer veredeln möchten. Beste Torschützen in Hessen waren Rune Dahmke und Steffen Weinhold, die beide fünf Mal trafen. 

Extrem nervöser Start

Die Kieler 6-0 agierte anfangs sehr sattelfest

4421 Zuschauer in der ausverkauften Rittal-Arena wollten nach zuletzt zwei Heimsiegen der HSG gegen den THW Kiel ihre Mannschaft erneut zum Sieg schreien. Doch in den ersten Minuten regierten lautstarkes Hoffen und ebenso lautstarkes Aufstöhnen die Geräuschkulisse: Beide Mannschaften starteten extrem nervös in die Begegnung, leisteten sich Abspielfehler, technische Unzulänglichkeiten und schossen schon einmal die Torhüter richtig warm. Erst nach beinahe sechs Minuten konnte Harald Reinkind aus der Bedrängnis heraus nach feinem Dahmke-Bodenpass das erste Tor der Begegnung erzielen. Damit war der Bann offenbar gebrochen: Dahmke und Ekberg legten schnell das 2:0 und 3:0 im Gegenstoß nach, an der 6-0-Defensive der Kieler bissen sich die Hessen die Zähne aus. HSG-Coach Kai Wandschneider reagierte, nahm eine Auszeit und versuchte seine Mannschaft mit diversen Wechseln auf Kurs zu bringen.

Chancenverwertung das Manko

Rune Dahmke erzielte vier Tore in zwölf Minuten

Erst nach mehr als acht Minuten erlöste dann der starke Cavor auch die Wetzlarer Fans - doch der THW konterte weiterhin eiskalt. Ekberg fing einen Pass ab, Duvnjak spielte einen großartigen No-Look-Pass auf Dahmke, der das 4:1 erzielte. Wenig später klingelte es schon wieder: Wieder hatte Ekberg aufgepasst, wieder traf Dahmke. Und als der flinke Linksaußen mit einem großartigen Gegenstoß-Dreher auch noch das 6:1 (12.) nachlegte, war es still im ansonsten so stimmungsvollen Viereck. Zwar sorgte Rubin jetzt für mehr Druck auf die Kieler Abwehr, doch der THW legte immer sofort nach. Auch nach 17 Minuten führten die Zebras mit fünf Toren Vorsprung, doch fortan sollte sie ihre Chancenverwertung mächtig in die Bredouille bringen. Vor allem frei vor Ivanisevic versagten ihnen die Nerven, ein paar Pfostentreffer und technische Fehler taten ihr Ãœbriges: Mit einem Doppelschlag von Ex-Zebra Emil Frend Öfors startete die HSG einen 4:0-Lauf, beim 9:10 (22.) waren die Grün-Weißen wieder dran. Gislason stellte auf die offensive Abwehrvariante um, die gleich Erfolg hatte: 12:9 durch den gerade erst eingewechselten Bilyk. Ein Vorsprung, den der THW Kiel auch mit in die Pause nahm.

Wetzlar gleich aus

Erfahrung und Durchsetzungskraft: Steffen Weinhold traf fünf Mal

Die Pause schien zunächst den Kielern zu nutzen: Sie legten vor, gingen aber trotzdem fahrlässig mit ihren Möglichkeiten um. Ein Wurf am verwaisten HSG-Kasten vorbei lud die Gastgeber nach Weinhold 17:13 zum 17:15 ein, nach Weinholds 19:16 hielt Ivanisevic einen Ekberg-Gegenstoß, unterlief Bilyk ein Stürmerfoul: 17 Minuten vor dem Ende war Wetzlar auf 18:19 herangerückt, Duvnjak soll bei seinem Kempa-Tor im Kreis gestanden haben - Wetzlar bot sich die Chance zum Ausgleich. Den verhinderte zunächst ein Pekeler-Konter zm 20:18, doch drei Minuten später war die Rittal-Arena das gefürchtete Tollhaus: Cavor traf zum 20:20, Gislason beorderte Andreas Wolff zwischen die Pfosten. Und der hielt gleich einen Gegenstoß von Holst, auf der Gegenseite traf Weinhold. Jetzt wurde es wieder wild, Pekeler blockte Cavor, der für Ekberg gekommene Ole Rahmel traf nur den Innenpfosten, der HSG unterlief ein Zeitspiel, aber Ivanisevic parierte den Konter von Bilyk - jetzt riss es die Heim-Fans von den Sitzen. Acht Minuten vor dem Ende drohte dem THW Kiel erneut großes Ungemach in der Rittal-Arena.

Erfahrung und Leidenschaft holen zwei Punkte

Domagoj Duvnjak übernahm in der Schlussphase Verantwortung

Als kurzfristige Stimmungskiller entpuppten sich Bilyk mit einem abgefangenen Pass und Duvnjak mit dem 22:20. Doch wieder verpassten es die Zebras, den bereitliegenden Deckel draufzuschrauben. Schevfert traf zum 22:23, Cavor bediente Torbrügge per Rückhandpass: 23:23 (54.). Doch wie der THW Kiel in dieser engen Situation reagierte, war großartig. Mit Willen, Leidenschaft und auch dem Glück des Tüchtigen legte der Rekordmeister binnen Sekunden noch in eben dieser 54 Minuten den Schalter um: Pekeler traf nach Bilyk-Pass und Schneller Mitte, Torbrügge lief durch den Kreis, Duvnjak bediente Rahmel zum 25:23. Jetzt stand die 6-0 wieder - und auch Wolff mischte an alter Wirkungsstätte entscheidend mit, hielt Schefverts Wurf - und Käpt'n Duvnjak sorgte mit einem krachenden Schlagwurf zum 26:23 für Jubel auf der Kieler Bank, auf der nach Weinholds 27:23 (57.) Entspannung in die Gesichter zurückkehrte. Mit einer Energieleistung hatten die Zebras ihre Negativserie in Wetzlar beendet!

Sonntag Derby in Weiß

Die Kieler reisen am Freitag also mit zwei wichtigen Punkten im Gepäck zurück nach Kiel - und direkt nach der Ankunft am Trainingszentrum in Altenholz beginnt für sie die Vorbereitung auf das 99. Landesderby gegen die SG Flensburg-Handewitt am Sonntag. Die "Zebras" wünschen sich für diese Partie wieder eine "weiße Wand": "Gerade nach dem Kraftakt in Wetzlar brauchen wir unsere Fans in Weiß, die beim DHB-Pokal in Hamburg ein Schlüssel zum Sieg waren, noch mehr als sonst", erinnert sich Kapitän Domagoj Duvnjak nur zu gern an die lautstarke Unterstützung der eigenen Kurve. "Am Sonntag kommt es auf jeden einzelnen Fan an. Wir brauchen unsere 'weiße Wand' vom Aufwärmen bis zum Schlusspfiff. Das wird ein besonderes Spiel - und deshalb würde es uns riesig freuen, wenn alle Kieler in Weiß in die Arena kommen würden. Und natürlich auch stimmlich Vollgas geben!" Das Spiel in der seit Monaten ausverkauften Sparkassen-Arena beginnt um 14:30 Uhr, Sky überträgt live. Die ZDF Sportreportage, die ARD Sportschau, das Schleswig-Holstein-Magazin, der NDR Sportclub und der dänische Sender TV 2 Sport werden mit eigenen Kamera-Teams aus Kiel berichten. Zweiter gegen Erster - alles ist angerichtet für das Landes-Topspiel am Sonntag in Kiel! Auf geht's ins Derby, "weiße Wand"!

Fotos: Florian Gümbel / Oliver Vogler / HSG Wetzlar

Statistik: DKB Handball-Bundesliga, 31. Spieltag, 09.05.19: HSG Wetzlar - THW Kiel: 23:27 (12:15)

HSG Wetzlar: Klimpke (3 Siebenmeter, 1/1 Parade) Ivanisevic (1.-60., 11 Paraden); Hermann, Kneer, Björnsen (2), Mirkulovski (1), Schreiber, Torbrügge (3), Weißgerber, Frend Öfors (3), Holst (3/3), Schefvert (3), Lux, Lindskog, Rubin (3), Cavor (5); Trainer: Wandschneider

THW Kiel: N. Landin (1.-46., 11 Paraden), Wolff (46.-60. und 1 Siebenmeter, 4 Paraden); Duvnjak (3), Reinkind (2), M. Landin (n.e.), Firnhaber (n.e.), Weinhold (5), Wiencek (2), Ekberg (4/3), Rahmel (1), Dahmke (5), Zarabec, Bilyk (2), Pekeler (3), Nilsson; Trainer: Gislason

Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck / Simon Reich
Strafminuten: HSG: 2 (Schefvert (30.), Torbrügge (34.)) / THW: 1 (Bilyk (33.))
Siebenmeter: HSG:  3/3 / THW: 5/3 (Klimpke hält Ekberg (46.), Ekberg an den Pfosten (59.))
Spielfilm: 0:1 (6.), 0:3 (8.), 1:3 (9.), 1:6 (12.), 3:8, 4:9 (15.), 5:10 (17.), 9:10 (22.), 9:12 (25.), 10:12, 10:14 (28.), 11:15 (30.), 12:15;
12:16 (32.), 13:17 (34.), 15:17 (36.), 16:19 (39.), 18:19 (43.), 18:20 (45.), 20:20 (47.), 20:22 (52.), 21:23, 23:23 (54.), 23:25 (54.), 23:27 (57.).  
Zuschauer: 4421 (ausverkauft) (Rittal-Arena, Wetzlar)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason: Wir haben die Meisterschaft nicht in der eigenen Hand, aber heute haben wir das ganze Spiel trotzdem gewackelt. Aber durch den Sieg wird das Wochenende interessant. Wir wollen alles geben, um Flensburg zu schlagen und ihnen zwei weitere Minuspunkte zu bescheren. Aber wir wissen, dass selbst das nicht reichen würde für die Meisterschaft. Aber ein Sieg im Derby würde den Druck auf Flensburg erhöhen. Heute war entscheidend, dass wir uns nach der Fünf-Tore-Führung nicht abgesetzt haben. Von 19 Fehlwürfen sind zehn im Gegenstoß - da fehlte mir Konzentration und Abgeklärtheit vor dem Tor. Die 6-0 hat anfangs gut funktioniert, auch die 3-2-1 ging in der ersten Halbzeit. Danach kamen wir oft einen Schritt zu spät, in den letzten Minuten hatten wir dann mit Steffen, Dule, Patrick und Hendrik wieder eine starke Abwehr. Aber die Chancenverwertung hätte uns beinahe heute alles vermiest.

HSG-Trainer Kai Wandschneider: Ich bin stolz auf meine Mannschaft, wir haben Kiel Paroli geboten. Beide Teams hatten einen extrem nervösen Start, Kiel hat sich schneller gefangen. Aber in der 25. Minute waren wir trotzdem noch dran, schaffen später den Ausgleich und haben mehrfach die Möglichkeit, erneut auszugleichen. Am Ende hat sich dann die Kieler Physis und Erfahrung durchgesetzt. Wir aber können hoch erhobenen Hauptes vom Platz gehen. Der THW hat in den vergangenen Jahren unter uns leiden müssen, obwohl sich beide Clubs sehr sympathisch sind. Aber der THW wusste, dass heute hier die Post abgehen wird. Ich gönne Alfred, den ich neben Noka Serdarusic für den größten Trainer der Bundesliga halte, das Triple, muss aber auch sagen, dass Dirk Schmäschke und Maik Machulla das in Flensburg affengeil machen. Die Meisterschaft wird am Sonntag in Kiel entschieden - für den Handball ist das vielleicht auch gut so.

THW-Rückraumspieler Steffen Weinhold: Es war heute zwischendruch sehr wild, die ersten Minuten waren mit ihrem Hin und Her dafür ein Spiegelbild. Deswegen haben wir es nicht geschafft, uns vorzeitig abzusetzen. Auch, weil wir viele freie Bälle liegen gelassen haben. Wichtig waren dann die letzten zehn Minuten, in denen wir die Abwehr festigen und hinten raus gewinnen konnten. Da hat man gesehen, was wir für ein Selbstvertrauen haben. Bei uns glaubt jeder auch in diesen letzten fünf Minuten an den Sieg. Auf das Derby am Sonntag freuen sich jetzt alle im Norden. Diese Spiele sind etwas Besonderes, auch weil das letzte Derby schon so lange her ist. Ich hoffe auf einen guten Fight.

HSG-Kreisläufer Nils Torbrügge: Bis zur 53. Minute war ich stolz, da stand es noch unentschieden. Dann aber haben wir in den letzten sieben Minuten kein Tor mehr gemacht. Das war ärgerlich. Heute war die Halle da, es waren die Emotionen da - dann macht es mir besonders Spaß, zu spielen. Ich hätte aber lieber schlecht gespielt, gewonnen und Kiel die Meisterschaft versaut. Am Ende haben wir aber leider nicht gewonnen.