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Zebras ringen starke Löwen nieder

Bundesliga

Zebras ringen starke Löwen nieder

Der THW Kiel hat gemeinsam mit 10.285 ekstatischen Fans in der Sparkassen-Arena zwei ganz wichtige Punkte in der DKB Handball-Bundesliga geholt: Im Duell gegen den direkten Verfolger Rhein-Neckar Löwen drehten die Kieler einen zwischenzeitlichen Drei-Tore-Rückstand in eine 16:15-Halbzeitführung, am Ende rangen sie in einem leidenschaftlich geführten Spitzenspiel die Mannheimer mit 31:28 nieder. Angeführt von einem überragenden Harald Reinkind, mit sieben Treffern erfolgreichster Kieler Torschütze, einem starken Niklas Landin und Lukas Nilsson, der fünf wichtige Treffer erzielte, holten die "Zebras" zum Jahresausklang 2018 wettbewerbsübergreifend den 19. Sieg in Folge - und zeigten auch in der letzten Partie des Jahres einen unbändigen Willen. 

Kapitän ging angeschlagen ins Spiel

Zwei Treffer trotz Fuß-Blessur: Domagoj Duvnjak

Allen voran Kapitän Domagoj Duvnjak. Der Kroate hatte sich im Abschlusstraining am Fuß verletzt, biss aber für das Top-Spiel gegen die Löwen auf die Zähne und erzielte zwei Treffer. In der zweiten Halbzeit kehrte Duvnjak, der nach 16 Minuten humpelnd das Feld verlassen hatte, für die Stabilisierung der Defensive zurück auf die Platte und trug einen wichtigen Teil zu einem starken Handball-Abend bei. Dieser hatte in der seit Monaten ausverkauften Arena zunächst hektisch begonnen, die Kieler 2:0-Führung drehten die Löwen in ein 3:2 und gingen fortan voran. Nach Duvnjaks 5:5-Ausgleich, erzielten Andy Schmid und der überragende Löwe Gudjon Valur Sigurdsson beim 7:5 die erste Zwei-Tore-Führung für die Gäste, die mit einer extrem aggressiven Abwehr dem Kieler Angriff zunächst den Schneid abkauften. Gut, dass Niclas Ekberg zweimal vom Siebenmeter-Strich kühlen Kopf bewahrte. Nicht gut, dass die Löwen nach Ekbergs Überzahl-Tor zum 9:10 durch individuelle Fehler der Zebras und zwei Überzahl-Treffer von Schmid und Petersson mit 12:9 in Führung gehen konnten. Nach 21 Minuten schienenden die Löwen die Kontrolle über die Partie zu bekommen.

Landin, Reinkind und Nilsson erzwingen Wende

Kampf um jeden Zentimeter: Harald Reinkind

 Gislason, der wie sein Gegenüber Nikolaj Jacobsen im letzten Duell gegeneinander früh die Gelbe Karte gesehen hatte, brachte Lukas Nilsson - und der sorgte im Verbund mit Reinkind und Niklas Landin für die Wende. Der norwegische Linkshänder, der gegen seine ehemaligen Teamkollegen wieder einen Sahnetag erwischt hatte, kam nach anfänglichen Problemen immer besser in die Partie. Nilsson fackelte zum Anschluss, Reinkind traf von Halblinks mit ordentlich Schung, Landin riss mit einer Doppel-Parade gegen Petersson und Kohlbacher die Fans von den Sitzen, ehe Reinkind den Hexenkessel mit 101 km/h und nach einer Landin-Parade gegen Sigurdsson zum 13:12 endgültig entfachte: Stehende Ovationen begleiteten die Löwen-Auszeit, und die Zuschauer konnten nach einer weiteren Landin-Parade gleich stehen bleiben: Nilsson jagte den Ball zum 14:12 in die Maschen - ein 5:0-Lauf der Zebras brachte sie in eine gute Ausgangsposition. Doch die Löwen kämpften zurück, zeigten sich von ihrer sechsminütigen Torflaute wenig beeindruckt. Kohlbacher markierte den neuerlichen Ausgleich, ehe Reinkind, der auch in der Defensive um jeden Ball fightete, mit seinem fünften Tor die knappe 16:15-Pausenführung für die Schwarz-Weißen erzielte. 

Es wird hitzig

Miha Zarabec glänzte als Anspieler

Waren die ersten 30 Minuten schon packend, legten beide Teams nach dem Seitenwechsel noch eine Schippe drauf, Verbissen wurde um jeden Ball gekämpft, bearbeiteten die beiden Defensiv-Reihen in sekundenschnell wechselnden Formationen die Offensiv-Bemühungen. Im Kieler Angriff wurde gegen die Gäste nun der quirlige Miha Zarabec zum Faktor: Er bediente Patrick Wiencek zum 18:17 und traf zum 19:18. Längst war es hitzig geworden. Jannick Kohlbacher stieß Lukas Nilsson in der Luft um und war mit der Zwei-Minuten-Strafe noch gut bedient, Niklas Landin fing einen Sigurdsson-Wurf und traf selbst zum 20:18. Doch abschütteln ließen sich die Mannheimer nicht, weil nun auch Mikal Appelgren unter anderem gegen Hendrik Pekler wichtige Paraden verzeichnete. Schmid sorgte für das 22:22, ehe das Unparteiischen-Gespann endgültig für Feuer unter dem Hallendach sorgte: Abutovic hatte Wiencek beim Wurf gestoßen und dafür eine Zeitstrafe kassiert, von der Bank aus warf unter anderem Jacobsen dem Kieler Kreisläufer ungesühnt Schauspielerei vor, was letztlich zu einem Tumult führte. 16 Sekunden später musste auch Kohlbacher in der aufgeheizten Atmosphäre für zwei Minuten von der Platte. Die doppelte überzahl konnten die "Zebras" indes nur zum schnellen 22:21 durch Magnus Landin nutzen, weil die Löwen anschließend gut 90 Sekunden Spielzeit mit nur einem einzigen Angriff von der Uhr nehmen durften

Zeitstrafe für Gislason

Alfred Gislason bekam eine Zeitstrafe aufgebrummt

Als erstes bekamen die Kieler ihre Nerven wieder in den Griff: Landin hielt gegen Schmid, Duvnjak trieb den Ball nach vorn, und Wiencek netzte zum 23:21 ein - wieder riss es die Fans von den Sitzen. Die Begegnung nahm nun rasant Fahrt auf, gleich vier Tore fielen innerhalb von nur 56 Sekunden. Und mit dem letzten Treffer dieser Tempo-Jagd läutete Reinkind die stärkste Phase des THW ein: Schmid leistete sich einen Abspielfehler, den Nilsson mit einem Hammer zum 26:23 bestrafte. Landin hielt einen Wurf seines Nationalmannschafts-Kollegen Mads Mensah Larsen fest, vorn sah Reinkind den an den Kreis eingelaufenen Ekberg, der zum 27:23 traf. Dann kam Andreas Wolff - und verwandelte mit dem gehaltenen Siebenmeter von Sigurdsson die Arena in ein Tollhaus, dem Wiencek mit einer Dreh-Schleuder zum 28:24 weiter Nahrung gab. Sechs Minuten vor dem Ende waren nun die "Zebras" in der besseren Position, doch geschlagen waren auch die Löwen noch nicht. Per Kempa-Trick traf Groetzki zum 26:28, auf der Gegenseite wurde Wiencek beim Wurf klar gestoßen, was aber nicht geahndet wurde. Dann durfte Schmid die Schritte-Regel erneut großzügig auslegen, was Gislason zum Protest animierte. Anders als zuvor Jacobsen wurde der Isländer dafür aber mit einer Zeitstrafe belegt - die Schmid zum 27:28-Anschluss nutzte. 

Pekeler macht alles klar

Starker Auftritt: Lukas Nilsson erzielte fünf Treffer

Doch dieser leidenschaftlich kämpfende THW Kiel ließ sich auch davon nicht stoppen: Irgendwie fand Reinkind in Unterzahl den zum Fangen emporgereckten Arm von Hendrik Pkeler, der in Unterzahl zum 29:27 traf - postwendend gekontert von Petersson. Dann holte Pekeler einen ganz wichtigen Siebenmeter heraus, den Ekberg eiskalt zum 30:28 verwandelte. Und als Schmid dann zum wiederholten Mal seinen Meister in Niklas Landin fand, war dieses großartige Spitzenspiel entschieden: Pekeler setzte den Schlusspunkt unter 60 dramatische, leidenschaftliche und emotionale Minuten im Kieler Hexenkessel, die für die Zebras mit zwei ganz wichtigen Zählern belohnt wurden. Durch den Erfolg im direkten Duell vergrößerten die Schwarz-Weißen den Vorsprung auf die Löwen auf drei Punkte, zugleich bleiben sie dem bisher ungeschlagenen Titelverteidiger aus Flensburg auf den Fersen.

Dank und Vorfreude auf 2019

Kabinen-Foto zum Jahresausklang: Glückwunsch, Zebras!

Nach der Begegnung und dem insgesamt 19. Sieg in Folge bedankte sich THW-Kapitän Duvnjak mit einer kurzen Ansprache bei den Fans, Partnern und Sponsoren für die Unterstützung gegen die Löwen und im nun zu Ende gehenden Jahr 2018. Gleichzeitig drückte er im Namen der Mannschaft die Vorfreude auf das, was kommen wird aus: "2019 wird ein tolles Jahr, gemeinsam wollen wir mit euch alles geben, um am Ende der Saison etwas zu feiern zu haben!", sagte Duvnjak, der auf auch auf die Zäsur bei den Trainingsbedingungen einging: "Wir freuen uns, nach Jahren der Provisorien endlich unser Trainingszentrum in Altenholz beziehen und unter professionellen Bedingungen trainieren zu können!" Unterbrochen wurde die Rede immer wieder von lautstarkem Jubel. Besonders laut wurde es, als Duvnjak sich wünschte, dass alle Nationalspieler gesund von der WM zurückkehren mögen. Und bei der mit einem breiten Grinsen vorgetragenen Ergänzung, dass "Kroatien Weltmeister wird". Duvnjak am Mikrofon - ein starkes Statement des Kapitäns. Mit einer "Ehrenrunde" und den Neujahrsgrüßen in den jeweiligen Landessprachen der "Zebras" verabschiedeten sich die Kieler Handballer in die WM-Pause - und damit in alle Richtungen. Bereits am Freitagmorgen wird ein Großteil der WM-Teilnehmer bei den Nationalmannschaften erwartet. Der Jahres-Kehraus gegen die Löwen war damit der Start für die Heim-WM in Deutschland und Dänemark. Weiter geht's im Februar, Kiel!

Statistik: DKB Handball-Bundesliga, 19. Spieltag, 27.12.18: THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen: 31:28 (16:15)

THW Kiel: N. Landin (1.-60., 14 Paraden, 1 Tor), Wolff (1 Siebenmeter, 1/1 Paraden); Duvnjak (2), Reinkind (7), M. Landin (3), Firnhaber (n.e.), Weinhold (n.e.), Wiencek (4), Ekberg (6/4), Rahmel (n.e.), Dahmke (n.e.), Zarabec (1), Vujin (n.e.), Bilyk, Pekeler (2), Nilsson (5); Trainer: Gislason

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (26.-60. und 1 Siebenmeter, 9 Paraden), Palicka (1.-26., 2 Paraden); Schmid (7), Lipovina (n.e.), Sigurdsson (9), Radivojevic (n.e.), Tollbring (n.e.), Abutovic, Mensah (2), Fäth (n.e.), Groetzki (1), Taleski (n.e.), Guardiola (1), Petersson (4), Nielsen (1), Kohlbacher (3); Trainer: Jacobsen

Schiedsrichter:  Lars Geipel / Marcus Helbig
Strafzeiten: THW: 3 (Wiencek (19.), Pekeler (32.), Gislason (56.)) / Löwen: 4 (2x Abutovic (17., 43.), 2x Kohlbacher (38., 43.))
Siebenmeter: THW: 4/4 / Löwen: 3/2 (Wolff hält Sigurdsson (52.))
Spielfilm: 2:0 (4.), 2:3 (6.), 4:5, 5:5 (11.), 5:7 (12.), 7:7 (15.), 7:9 (16.), 9:10 (19.), 9:12 (21.), 14:12 (26.), 15:13, 15:15 (29.), 16:15;
16:16, 18:18 (35.), 20:18 (39.), 21:19, 21:21 (41.), 23:21 (45.), 24:23 (47.), 27:23 (52.), 28:24 (54.), 28:27 (57.), 29:28 (58.), 30:28 (59.), 21:28. 
Zuschauer: 10.285 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena, Kiel).

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason: Das war heute ein extrem gutes Spiel von beiden Mannschaften, in dem alles drin war, was man sehen will: Kampf, verschiedene Taktiken und zwei Super-Abwehrreihen. Die Partie hätte so oder so ausgehen können, aber vielleicht hatten wir es einen Tick mehr verdient, dieses Spiel zu gewinnen. Landin hat uns nach dem 9:12 mit seinen Paraden sehr geholfen, er hält vier Bälle in Folge und bringt so Ruhe in unser Spiel. Nach der Pause blieb es umkämpft. Harald Reinkind, Lukas Nilsson und Landin haben ein super Spiel gemacht, ich muss allen meinen Jungs aber ein Lob aussprechen: Sie haben alles gegeben. Für mich war das heute das letzte Spiel gegen Nikolaj Jacobsen: Niko, jedes dieser Spiele war eine Ehre für mich!

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen: Glückwunsch zum am Ende verdienten Sieg. Das war ein hochkarätiges Spiel zweier Mannschaften, die der anderen keinen Millimeter gegönnt haben. Ich habe meine Mannschaft in der Kabine für viele Sachen gelobt. Leider haben wir mehr technische Fehler als der THW gemacht, in der zweiten Welle waren wir zu hektisch, Besonders nach dem 12:9, als wir das Spiel ein bisschen unter Kontrolle hatten. Der 5:0-Lauf der Kieler hat weh getant. Aber: Wir haben nach dem Vier-Tore-Rückstand Moral gezeigt, dann bekommt zwischen sechs Rhein-Neckar-Löwen-Händen die eine Hand von 'Peke' den Ball - das war's.

Viktor Szilagyi, Sportlicher Leiter THW Kiel: Das war ein Weltklasse-Spiel, das in viele Länder live übertragen wurde - und damit beste Werbung nicht nur für den Handballsport, sondern auch für die DKB Handball-Bundesliga. Wir haben zwei Teams erlebt, die sich überhaupt nichts geschenkt haben. Die Löwen sind besser in die Partie gekommen und waren anfangs griffiger, dann haben uns die Landin-Paraden das 13:12 gebracht. Letztlich haben Kleinigkeiten entscheiden - heute vielleicht sogar der Heimvorteil: Ein Riesen-Lob geht an unsere Fans, die vom ersten Angriff an eine fantastische Atmosphäre erzeugt haben.

Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter Rhein-Neckar Löwen: Wir waren top eingestellt, aber in Kiel braucht man eben auch das Quäntchen Glück. Nach dem Vier-Tore-Rückstand haben wir uns zurückgekämpft, und dann kam die Halle. Die zwei Punkte für Kiel gehen in Ordnung.

THW-Kreisläufer Hendrik Pekeler: Ich denke, das Spiel hätte so oder so ausgehen können. Was den Unterschied ausgemacht hat, waren vielleicht die Paraden von Landin, aber ich kann es nicht genau sagen.

Harald Reinkind, bester THW-Torschütze: Es ist etwas ganz Besonderes für mich, gegen die Löwen zu spielen und es macht Spaß, gegen seine Freunde zu gewinnen. Alles sieht derzeit sehr gut aus, bis auf das Spiel in Flensburg, wo wir eigentlich besser waren. Wir haben noch alle Chancen, den Titel zu gewinnen und wollen dies 2019 auch zeigen.

Löwen-Kapitän Andy Schmid: Entscheidend heute waren die Kleinigkeiten. Es war ein richtig gutes Handball-Spiel von beiden Seiten. Wir haben in der ersten Hälfte den Ton angegeben, dann aber innerhalb von kurzer Zeit den Faden verloren. Kiel war in der Finesse heute einen Ticken besser. Wir hatten eine breite Brust. Am 27. Dezember in Kiel so ein Spiel abzuliefern, das braucht schon ziemlich viel - denn hier brennt immer die Hütte. Wir gehen jetzt in die Winterpause und werden in der Rückrunde versuchen, wieder anzugreifen. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass in der Rückrunde viel passieren kann.